02.09.09

Magdi Aboul-Kheir

Hilfe, mein Fleckenspray ist intelligent

Wir suchen im Weltall nach außerirdischer Intelligenz, ohne zu wissen, ob es intelligentes Leben auf der Erde gibt. So witzeln gern mittelmäßig intelligente Kabarettisten. Dabei ist es offensichtlich: Intelligenz – also die Fähigkeit, Probleme und erkennen und zu lösen und nicht FDP zu wählen – trifft man nicht unbedingt dort an, wo man es erhofft. Dafür begegnet man ihr im Supermarktregal.

Dort steht nämlich ein intelligentes Fleckenspray. An so genannte intelligente Software, intelligente Möbel und intelligente Bremssysteme habe ich mich gewöhnt – auch wenn ich die Unterhaltungen, die man mit Möbeln oder Bremsen führen kann, wenig anregend finde. Aber intelligentes Fleckenspray? Doch, tatsächlich: – Vanish Oxi Action Intelligence. Die Flecken werden wohl erst müdediskutiert (intelligence) und dann weggehauen (action).

Wo man mittlerweile überall auf Intelligenz stößt! Es gibt »intelligente Schuhe«, was verblüfft, weil doch gerade beim Thema Schuhkauf die Intelligenz ausgeschaltet wird. Es gibt »intelligente Fahrbahnschwellen«, doch was bringen die, wenn Schwachsinnige in ihren Boliden darüber hinwegrasen, auch wenn sie wiederum auf »intelligente Bremsen« treten können? Was nützt der »intelligente DVD-Recorder«, wenn er nur dümmliches TV-Programm aufzeichnen oder ich ihn nicht bedienen kann?

Fürs traute Heim werden »intelligente Staubsauger« entworfen, die von allein um größere Hinternisse herumsteuern – also zum Beispiel um Dreckhaufen? Entwickelt werden »intelligente Wecker«, die nur während der Leichtschlafphasen klingeln. Das Problem: Ich habe um 6.30 Uhr niemals Leichtschlafphasen. Auch für »intelligente Bohrmaschinen« wird geworben – die sagen mir wohl, dass ich die Hände von ihnen lassen sollte. Nein, im Haushalt überzeugt mich nur das Konzept vom »intelligenten Kühlschrank«, der dank eines »automatischen Bestellagenten« Bier ordert, bevor ich merke, dass es alle ist. Meine Frau macht das nicht, obwohl sie sehr intelligent ist.

Allüberall Intelligenz also. Und das, während unsere Kinder angeblich immer blöder werden! Was freilich nicht verwundert: Unter dem Suchbegriff »intelligente Lehrer« liefert Google gerade mal 113 Treffer, während es für »intelligentes Gemüse« 135 Treffer sind. Und für »intelligente Würmer« 595. Sollten unsere Kinder lieber von Gemüse oder Würmern unterrichtet werden? Oder gar von Kühlschränken und Staubsaugern? Und was steht dazu im Wahlprogramm der FDP?

Doch Gehirn allein macht ohnehin nicht glücklich. Ich war einmal bei einem Stammtisch von Hochbegabten: lauter Menschen mit einem IQ von mehr als 130. Die wirkten auf den ersten Blick auch nicht alle ungemein fröhlich. Auch nicht auf den zweiten Blick. Erst nach dem dritten Bier. Aber, bitteschön, was ist überhaupt ein Hochbegabten-Stammtisch? Ich war neugierig: Brüllen die erst »Ausländer raus« und machen sich dann auf die Suche nach einem schnellen Algorithmus zur Primfaktorzerlegung? Nein, stattdessen gab es eine Diskussion über »intelligentes Design«. Wobei damit nicht tropfsichere Teekannen und Unterwäsche mit Spracherkennung gemeint sind, sondern eine Art Gottesbeweis der Kreationisten: Das Universum und das Leben könnten demnach nur durch einen intelligenten Schöpfer entstanden sein. Die Hochbegabten fanden, diese Theorie sei just ein Beweis dafür, dass es auf der Erde kaum intelligentes Leben gibt. Das ist mir zu hoch. Ich sollte mal mit meinem Fleckenspray darüber diskutieren.