03.10.05

Magdi Aboul-Kheir

Warum ich mich, obwohl ich keine C-Klasse fahre, um das Ost-West-Verhältnis verdient gemacht habe

Nein, ich fahre keine C-Klasse. Ist doch völlig irrelevant, was ich fahre oder nicht. Wenn da nicht der Mann auf meiner Mailbox wäre, der sich nachdrücklich für die C-Klasse interessiert, die ich bei Autoscout online anbiete. Was ich natürlich gar nicht tue, daher rufe ich den Mann auch nicht zurück.

Ich hatte bereits nicht auf seine SMS reagiert, die besagte, dass »wir ins Geschäft kommen könnten«. Denn ich antworte nie auf solche anonymen Nachrichten, weil mir da immer nur neue Telefontarife angeboten werden, dank derer ich für 8,4 Cent pro Minute nach Swasiland und Botswana telefonieren kann, was ich auf keinen Fall nicht vorhabe, oder mir jemand Bilder seiner »total versauten bulgarischen Oma« aufs Handy schicken will oder mir die Titelmelodie von »Trickfilmzeit mit Adelheid« als Klingelton verkaufen mag.

Nun aber hat mir der C-Klassen-Interessent auf die Mailbox gesprochen und das auch noch in breitem Sächsisch, was zwar an sich nicht schlimm ist, aber meiner klischeegesättigten Meinung nach doch typisch, weil krude Telefonmitteilungen und -gespräche oft sächselnde Teilnehmer haben. Mit Schrecken erinnere ich mich ein Telefonat meiner Gattin mit einem offenbar neurotisch-verängstigten ostdeutschen Grafiker, der mit ihr über »phobische Folien« debattierte, bis sie verstand, dass es um »farbige Folien« ging.

Aber zurück zur C-Klasse. Oder nicht zurück, denn ich vergaß den Zwischenfall. Allerdings nicht lange, denn der Mann war zwei Tage später erneut – in nun aufbrausendem Sächsisch – auf meiner Mailbox. Wieso ich nie Gespräche annahm oder wenigstens zurückrief, wenn ich schon eine C-Klasse zu verkaufen hatte. Ich rief ihn an, schließlich wollte ich keine Vorurteile über arrogante Wessis schüren, denn im Umgang mit den Menschen aus den auch nicht mehr so neuen Ländern war ich vorsichtig; es hatte zum Beispiel nach dem Mauerfall elf Jahre gedauert, bis ich mich getraut hatte, eine Frau aus dem nahen Osten auch nur zu küssen (es war aber sehr gut).

Ich rief also meinen neuen sächsischen Bekannten an, geriet aber nun meinerseits an seine Mailbox. Ich teilte ihm höflich mit, dass ich nicht im Besitz einer C-Klasse sei, sondern einen Volvo fahre und diesen zudem keinesfalls verkaufen wolle. Da ich jedoch frühsommerlich gut gelaunt war und dem gesamtdeutschen Zusammenwachsen förderlich sein wollte, setzte ich noch hinzu, falls ich mir jemals eine C-Klasse zulegen werde, würde ich den Wagen sofort wieder veräußern und ihn sofort als Käufer in Erwägung ziehen.

Damit betrachtete ich die Geschichte als abgeschlossen und lebte mein Leben wieder zufrieden volvofahrend weiter. Knapp eine Woche später klingelte mein Handy. Ich nahm ab, Sachsen war dran. Er rufe wegen der C-Klasse an. Er wolle mir nur freundlicherweise mitteilen, dass er nicht mehr darauf angewiesen sei, ob ich nun meinen ohnehin überteuerten Mercedes verkaufe oder nicht, er habe ein anderes Auto gefunden, einen schönen Tag noch. Wirklich aufmerksam. Vielleicht wird es ja doch noch was mit den Ossis und Wessis.