08.07.06

Magdi Aboul-Kheir

Eifersucht, Hochwasserhosen und halbierte Augenbrauen

Als ich noch ein unerfahrener Junge war, las ich in der »Neuen Revue« den Leserbrief eines Mannes, der mich tief berührte. Sei Frau sei krankhaft eifersüchtig, schrieb der arme Kerl, daher habe sie alle seine Hosen mit einer Schere um gut zehn Zentimeter gekürzt. Auf seine scheue Nachfrage, wieso sie das tue, antwortete sie: Das sehe doch viel besser aus. Der wahre Grund jedoch war natürlich: Mit den entstellten Beinkleidern stellte er einen dermaßen lächerlichen Tropf dar, dass ihn keine fremde Frau eines ernsten Blickes würdigte.

Ich war wie gesagt noch ein Teenager, als ich dieses ergreifende Dokument männlicher Hilflosigkeit las, doch sollte es mich prägen. Komplimente meiner Partnerinnen bezüglich meines Äußeren begegnete ich stets etwas reserviert, man könnte sogar sagen: misstrausich.

Wenn ich in meinem Schrank auf Kleidungsstücke aus den Tiefen der 80er Jahre stieß, bei denen mich bezüglich ihrer modischen Aktualität ein Gefühl der Unsicherheit beschlich – sagen wir lila Batik-Seidenhemden, dünne gelbe Lederkrawatten, neongrüne Overalls und zeltartige Leinensackos mit Science-Fiction-Schulterklappen –, so fragte ich meine Partnerin, ob »man das noch anziehen kann«. Hörte ich ein spontanes: »Klar, sieht doch super aus«, so wurde ich argwöhnisch. Was das Kleidungsstück betraf, und was die Parterin betraf.

Nun muss ich der Fairness halber anführen, dass dies eher für meine Verflossenen gilt, nicht für mein Ehefrau. Beziehungsweise dachte ich das. Denn sie schenkte mir immer wieder hochmodische Shirts (oder das, was ich dafür hielt) und beriet mich eingehend bei Shopping-Touren. Doch in den vergangenen Monaten habe ich aufgehorcht.

Im Urlaubshotel meinte sie »Schone die neuen Bermudas doch noch ein bisschen« und legte mir die alten Schlabbershorts hin – mit denen ich mich dann am Pool zeigte, um dem herum sich skandinavische Models und ukrainische Hammerbräute sonnten.

Als ich einige Wochen später morgens zu Arbeit ging, sagte sie »Hübsch, das Hemd«. Im Büro stellte ich dann fest, dass meine Töchter einen Gutteil ihres Frühstücks auf diesem Hemd verschmiert hatten und mich Kakao-Riesenflecken und Joghurt-Schmierspuren zierten.

Und dann, mit einem Schlag, war ich richtiggehend alarmiert. Ich hatte mir eine neue Jeans gekauft, die Tusnelda im Trendshop versicherte mir, wie fantastisch das teure Teil sitze. Meine Frau hingegen meinte, als ich ihr meine Errungenschaft vorführte, die Hose müsse ein gutes Stück gekürzt werden. Sie selbst könne das machen. Gerne.

Schlimme Erinnerungen an den Wicht mit den Hochwasserhosen kamen mir hoch. Ich wurde zornig, rief »Du willst ja nur, dass mich andere Frauen unattraktiv finden«, worauf sie meinte: »Dann lauf ruhig so mit dieser viel zu langen Hosen rum, wenn Du meinst, dass du dann so toll aussiehst«, was mich noch misstrauischer machte. Was, wenn sie noch viel raffinierter war? Wenn die Jeans vielleicht wirklich zu lang war, sie meine Gegenreaktion aber einkalkuliert hatte und wollte, dass ich mich einer albern langen Hose herumlief? Oder wurde ich einfach paranoid?

Ich ging ins Bad und rasierte mich. Dann griff ich zum Langhaarschneider und verpasste mir meine Standardfrisur: eine Fastglatze mit zwei Millimetern Haarlänge. Da ich aber noch verärgert und aufgewühlt war, berserkte ich an meinem Haupt herum, rutschte mit dem Schneidegerät ab und metzelte mir die rechte Augenbraue zur Hälfte ab. Ein Blick in den Spiegel ließ mich erschrecken: Wo sonst buschige Haare eine schwarzen Balken bildeten, war nun ein Nichts; mein Gesicht wirkte wie eine unsymmetrische Hackfresse. Ich sah aus wie ein Idiot.

»Schau mal, was ich angerichtet habe«, rief ich zu meiner Frau und trat aus dem Bad in den Gang. Sie musterte mich kurz und lächelte. »Mutiges Styling«, sagte sie, »sieht ziemlich gut aus!«