09.01.11

Magdi Aboul-Kheir

Wenn der Postmann zweimal klingt, bringt er ein Päckchen für den Polygamisten

Ruslana ist eine Perle. Sie stammt aus Sibirien, seit einigen Jahren kommt sie jede Woche für ein paar Stunden in unseren Haushalt und packt an. Sie arbeitet vorzüglich, ist richtig nett, wir alle mögen sie sehr gern. Und dennoch habe ich nicht vor, sie zu heiraten! Erstens ist sie nicht mein Typ, zweitens ist sie schon verheiratet und zwar mit einem Schichtarbeiter namens Oleg, der mir ordentlich auf die Nase hauen würde, und drittens wäre da auch meine Frau dagegen, was meiner Nase fürderhin nicht wohl täte. Nur der neue Postmann von der DHL sieht das alles nicht so eng.

Der Postmann bringt, wie das so sein Auftrag ist, ein Päckchen. Da ich im Büro bin und meine Frau einkaufen ist, öffnet Ruslana die Tür. Der Postmann fordert eine Unterschrift, und sicherheitshalber – weil sie befürchtet, das Päckchen sonst nicht ausgehändigt zu bekommen – unterzeichnet sie mit »Ruslana Aboul-Kheir«.

Einige Tage später kommt der neue Postmann wieder, diesmal ist meine Gattin zuhause.
»Ein Einschreiben für Herrn Aboul-Kheir«, sagt er.
»Kann ich unterzeichnen? Ich bin seine Frau«, sagt meine Frau.
»Nein, sind Sie nicht.«
»Bin ich wohl.«
»Nein. Sein Frau ist kleiner und hat rote Haare.«
Meine Frau holt ihren Ausweis und hält ihn den Postmann unter die Nase.
»Hm.« Zähneknirschend lässt er meine Gattin unterschreiben. Er sinniert über meinen Namen. »Araber? Moslem? Hat zwei Frauen?«
Soweit hat der Sarrazin uns nun also schon, dass überall intelligenzmindernde und sittenverrohende Parallelgesellschaften gewittert werden.

Mal abgesehen davon, dass ich eine Ehefrau meist für völlig ausreichend erachte und kein Muselmane, ja nicht einmal Mormone oder Rainer Langhans bin, ist die Vielehe in Deutschland gesetzlich verboten und wird mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Dummheit ist aber nicht strafbar, und so darf der Polygamistenfahnder seiner postalen Tarnungstätigkeit weiter nachgehen.

Als der Postmann eine Woche später erneut klingelt, öffne ich.
»Ah, der Mann des Hauses«, sagt er, fast klingt es verschwörerisch. »Aber ausgerechnet heute hab ich eine Sendung für Ihre Frau.« Der Komiker! Er hält mir ein großes Kuvert vor die Augen.
»Nein, das ist für mich«, entgegne ich und deute auf die Anschrift: »Magdi Aboul-Kheir.«
»Magdi«, liest er ostentativ vor, »das ist ja wohl Ihre Frau«. Er meint: eine Ihrer Frauen.
»Himmel, meine Frau heißt Barbara«, sage ich ungehalten. Doch nun beschließe ich, dem Affen Zucker zu geben. »Aber hier gibt es auch noch die Maudi.« Ja, die Maudi Aboul-Kheir. So steht es dank eines Lesefehlers auf der Kundenkarte eines Modehauses und auch auf dessen Werbesendungen, die ich regelmäßig bekomme.
»Und dann gibt es Ruslana, die kennen Sie ja schon.«
Er nickt, kaum wahrnehmbar.
»Ich lebe hier auch mit Dana zusammen«, rufe ich. »Und mit Ida.«
Er drückt mir das Päckchen in die Hand und dreht sich mit versteinerter Miene um.
»Respekt«, sagt er im Gehen.