Ich sitze auf dem Redaktions-Lokus und lese, was in führenden deutschen Meinungsmacherblättern über die Rechtschreibreform abgesondert wird. Ich sehe einen Zettel vor mir an der Toilettentür hängen. Da steht: »Bite ni rohen take.« Stefan Aust schreibt von der »staatlich verordneten Legasthenie« und nennt seinen Widerstand einen »Akt des zivilen Ungehorsams«. Ich lese: »Bite ni rohen take.« Frank Schirrmacher spricht von einem »öffentlichen Unglück«, von einer Reform, die ihr Ziel »auf monströse Art« verfehlt habe. Ich lese: »Bite ni rohen take.« Claus Strunz proklamiert: »Die Sprache gehört dem Volk.« Ich lese: »Bite ni rohen take.« Was zum ...? Mir wird schwarz vor Augen.
toitschland 2044. di nazion ist wida ainmal durchainanda. nimand wais mer wi richtik geschribn wirt. nach der geschaitertn reform fon 2005, der re-reform fon 2009, der kontrareform fon 2021 und der krosen reform fon 2035 waigern sich der springa ferlak, der spikl und die sütteutsche zaitunk zum widaholten mal, ainen noien reformfersuch mitzumachn. dabai habn die komisionen nun alle semantischn ortokrafischn süntaktischn morfolokischn dermatolokischn und sonstikn krieterien berüksichtikt und zuklaich eine genükend krose zal an historischn felern einkearbaitet um auch di konserwatifn zu beschwichtikn. onehin schraibn die menschn schon lange nur noch angenehert fonetisch und ...
Schreiend und nassgeschwitzt erwache ich. Was hat mich nur so plötzlich am hellichten Tag in den alptraumgeschwängerten Schlaf, ja ins paranoide Kurzkoma getrieben? »Bite ni rohen take.«
Delfin trifft Tunfisch oder Delphin trifft keinen Thunfisch? Wollen wir zusammenkommen oder zusammen kommen? Rad fahren oder radschlagend Ratschläg geben? Reformer, Verleger und Intellektuelle haben Sorgen! Claus Strunz hat Recht, aber anders, als er denkt. Die Sprache gehört wirklich dem Volk: »Bite ni rohen take.« Wer hat da Probleme? Man muss sich doch nur ein wenig Mühe geben: »Bitte nicht rauchen, danke.« Noch besteht Hoffnung.