11.08.10

Magdi Aboul-Kheir

Vielen Dank, ich habe meine weibliche Seite schon entdeckt

Das Leben ist voller Impertinenz und Dummheit, und es geht auch nicht immer gerecht zu. Schon vor längerer Zeit musste ich mir eingestehen, dass ich an einer seltenen Krankheit leide: am »First Name Induced Transsexuality Syndrome«, kurz Finits. Ich habe beim Gastroenterolinguisten eine zweite und beim Psychosemantiker eine dritte Meinung eingeholt und andere Spezialisten wie den Homöophonetiker und den Neuroetymologen um Therapien angefleht, doch es hilft nichts. Mein Vorname lässt mich Unkundigen als Frau erscheinen.

Es wird immer schlimmer. Selbst Amazon, eigentlich nur an meinem Geld, nicht an meinem Chromosomensatz interessiert, hat mich nun zumindest als Transvestit abgespeichert. Das Versandhaus preist mir »Schuhe in Ihren Größen« an: Pantoletten und Pumps in Größe 37. Dazu Fashion-Handtaschen und Damen-Shopper.

Ich erwäge Gegenmaßnahmen einzuleiten und mein Profil in der Amazon-Datenbank mit aller Klischeemacht zu maskulinisieren. Ich ordere ein Werkstattbuch von Volvo (»Bremsen – Störungssuche, Reparatur und Instandhaltung«), eine Nagelbürste für Handwerker, extra hart, ein Bierbrauset mit Zinndeckel und eine Mario-Barth-DVD: »Männer sind primitiv, aber glücklich«. Doch während ich auf die Bestätigungsmail warte, fordern mich die »Esprit-News« dazu auf, »jetzt nicht ohne Rüschen und Volants« herumzulaufen.

Ich will meine weibliche Seite ja gar nicht verleugnen, aber – jetzt mal ehrlich – ich bin nunmal ein Mann, sogar ein relativ heterosexueller. Doch sehe ich ein, dass ich diesen Kampf gegen Computeralgorithmen wohl nicht gewinnen kann. Zumal ich meine Frau nach einem Blick auf meine Kreditkartenabrechnung verdächtige, unter meinem Namen Bikinis, Tank Tops und Marianne-Rosenberg-CDs zu kaufen.

Also Hauptsache, im täglichen Leben darf ich ein Mann namens Magdi sein. Was stören mich schon gelegentliche Werbemails voller Strapse, Östrogen-Präparate und Eva-Herman-Bücher, wenn meine Familie, meine Freunde und Kollegen wissen, dass sie es mit einem echten Kerl zu tun haben. Wenn mir mein Arbeitgeber ...

Mein Arbeitgeber schickt mir eine neue Bonuskarte, mit der ich anderen Menschen Vergünstigungen zukommen lassen kann. Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich für dieses Pressehaus und halte nun entsetzt das Begleitschreiben in der Hand: »Sehr geehrte Frau Aboul-Kheir ...«

Als ich mich in der Personalabteilung erkundige, ob ich künftig als Bonus die Damentoilette benutzen soll, werde ich an den Betriebsarzt verwiesen.

Zuhause klage ich meiner Frau, die gerade am Computer auf meinen Namen einen Ladyshave bestellt, von meinem Leid und bekomme ein herzliches Lachen zur Antwort. Sie hört gar nicht mehr auf zu grienen und meint, ich müsste in der Arbeit wohl mal männlichere Saiten aufziehen.

Ich sollte wohl zuhause mal andere Saiten aufziehen. Wenigstens sind mein Volvo-Werkstattbuch und die Nagelbürste für Handwerker, extra hart, in der Post. Und das neue Handy, das sich meine Gattin bestellt hat. Das Päckchen ist ...

An dieser Stelle möchte ich meinen herzlichen Dank an Vodafone einfügen.

Das Päckchen ist an »Herrn Barbara Aboul-Kheir« adressiert. Das Leben ist voller Impertinenz und Dummheit, aber man kann nicht sagen, dass es immer ungerecht zugeht.