21.02.05

Magdi Aboul-Kheir

Bindenbrusse vs. Predator: Puffkartofeln und Sardine zum ausgepolsterten Eisen

Rolladen mit Restkartoffeln, Lahmkotlet mit Rammsose und Oberschinen, davor Schildgrätensuppe, danach Ruhmkugeln. Mit all diesen Leckereien bitten deutsche Gastwirte zu Tisch. Doch ausländische Köche, die Meister der »Bindenbrusse«, halten da locker mit. Sie wissen: Es nützen die edelsten Zutaten nichts, wenn man sie nicht raffiniert zubereitet und anrichtet. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – wer will schon immerzu nur braten, brutzeln oder karamellisieren? Also her mit den »Gebügelten Hühnchenbrustfilets« aus Ungarn, dem Land, in dem man weiß, dass Kochen Handwerk ist, und in dem es auch »Geschlieffene Palatschinken« gibt, ebenso »Gepräckeltes Zitronen-Hähnchen« und eine schöne Portion »Quatschelnder Gurkensalat«.

Hauptsache, man wird satt. Das ist kein Problem, wenn ein so richtiges »Entegelage« auf der Karte steht. Doch der Magen wird knurren, wenn solch Karges zu lesen ist: »Menü 1: Gebackenes Brot mit Butter«. Abhilfe schaffen vielleicht die anrüchigen tschechischen »Puffkartofeln«. Vitamine müssen jedoch ebenso sein, doch nicht jeder überwindet seine Angst und bestellt »Weissgraut« oder gar »Kopfkraut«.
Lieber »Brokolitz« und »Gedüngtete Gemüse« aus offenbar konventioneller Landwirtschaft. Wer es noch knackiger mag, dem empfehlen wir »Gurken mit süss-sauese Begiesse«, wahlweise auch mit polnischem »Schwarzsauer« oder »Hausgemachter Sauerkeit« aus Ungarn. Eher kosmetisch dünkt uns »Emulsion von gelbem Paprika«, dazu reicht man wohl »Belegten Brutchen« – oder müssen die erst ausschlüpfen? Und was genau ist ein »Unspezificiertes belegtes Butterbrot«?

Da weiß man leider nicht, was man hat. Viele Speisen werfen Fragen auf: Stammt die »In Strafen geschnittene Hühnenbrust« etwa aus der Gefängnisküche? Gibt's die »6 Hausegemachte Schencken« umsonst? Was versteht man im Speziellen unter »Weissbrot mit algemeinem Käse«?
Ist »Gemichter mit Schafskasse« eine Empfehlung wert? Sorgen »Flecken aus Klamm, im Knoblauch und Senf Sosse gereifert« für Hautreaktionen?

Andere Angebote sind verständlich, aber inakzeptabel. Ungenießbar erscheint uns die türkische »Zigarren Pastete« und der »Klotz auf Dorfart«. Gut abgehängtes Fleisch ist schön und gut, doch »Vorzeitlich Damhirsch steak« wirkt alarmierend prähistorisch, ganz zu schweigen von »Alte Gänseleber im eigenen Fett«. Wer über gute Kauwerkzeuge verfügt, mag sich an »Geflügelleder« versuchen oder sogar an »Stämme auf Salat«. Und Liebhabern roher Insekten wird ein »Beesteak Tatar« zur Genüge gereichen.

Wer schon einmal einer spanischen Degustation beigewohnt hat, weiß, welch Gaumenfreuden ihn dort erwarten. Unwiderstehlich die »Fleischzusammenstellung«, dazu »Füllten Pfeffer« und »Iberische Einlegearbeit«. Besonders großartig ist es, in Spanien den Bund der Ehe einzugehen. Die Menschen dort verstehen zu festen und zu feiern, wie dieses Hochzeitsessen beweist: Nach den spannend-gehaltvollen Vorspeisen »Pestiños, die von Sahne zittern« und »Erdnüsse, geschälte Leitungen und Mais Churruca« folgt als Hauptgang etwas ganz Kräftiges: »Sardine zum ausgepolsterten Eisen von Sahne zum Distel-Aroma«. Das Dessert glänzt durch seine Vielseitigkeit: »Assortiment von Iogurts der Null (Banane, Banane oder Banane)«. Nur bei den Getränken wird offenbar etwas gespart: »Kas von Kiwi, Fanta von Grapefruit und es verdünnt vom Wasserhahn«. Oder aber »Alkohole: von saurer Orange, von reifer Banane, von Fleischklößen mit Sepia, von Ketchup«. Das muss man freilich mögen.