23.06.07

Magdi Aboul-Kheir

Darth Vibrator, zwei undankbare Singles und der schlechteste Kuppler der Welt

Mein Freund Magnus ist der schlechteste Kuppler der Welt. Angesichts allerlei Online-Verkehrs-Anbahnungs-Angeboten wie »Reiten auf dem Schaltknauf« und »Abnormel geil, extrem verdirben« und Partner-Vermittlungen wie der Latexluder-Kontaktbörse keine kleine Leistung. Doch so plump, dreist und hemmungslos wie Magnus kuppelt niemand. Ich selbst wurde einmal zum Spielball seiner Verbandelungs-Ambitionen, und die Geschichte geht so:

Magnus wollte in der Allgäuer Villa seiner Schwiegermutter Geburtstag feiern, im Kreise von Freunden essend, trinkend und lachend ein Jahr älter werden. Ich reiste an einem spätsommerlichen Freitag an, und wie sich herausstellte, war meine Kommilitonin W. außer mir der einzige geladene Gast. Ich war zu dieser Zeit Single, sie war Single, offenbar meinte Magnus, eins und eins zusammenzuzählen zu müssen und so auf Sex zu kommen.

Zwei freie Zimmer gab es in dem Haus – einen Gästeraum und das Schlafgemach der abwesenden Schwiegermutter. Also alles ganz unverfänglich und entspannt? Nicht mit Magnus. Leider, leider, so hieß er uns in der Villa willkommen, habe der Hund sein Geschäft in das Gästezimmer verrichtet, Es befinde sich in einem uns unzumutbaren Zustand; W. und ich hätten doch gewiss nichts dagegen, gemeinsam in dem reichlich bemessenen Doppelbett im Zimmer der Schwiegermutter zu nächtigen.

Wir nickten ergeben, trugen unsere Taschen in das Zimmer und trauten unseren Augen kaum. Liebe Schwiegermutter! Die Wände waren nahezu volltapeziert mit erotischen Karikaturen, albernen Sexzeichnungen und Allgäuer Behelfspornografie. »Stört Euch nicht daran«, sagte Magnus lachend, »aber eine Bitte habe ich« – zwinker, zwinker, – »schaut nicht in die Schränke und in den Nachttisch«.

In den Schränken hingen, so stellte sich zufälligerweise heraus, als wir dort nachsahen, natürlich Reizwäsche und Sexspielzeuge; der riesige Nachttisch beherbergte neben allerlei Cremes, Perlen und Lederwaren eine gehobene Auswahl internationaler Dildovariationen. Nur Fernseher und Videorekorder samt eigentlich zu erwartender Pornosammlung fehlten in dieser grausig spätbürgerlichen Lustgrotte. Lediglich eine vereinsamte Fernbedienung lag herum.

W. und ich schauten uns an, brachen in schallendes Gelächter aus und nahmen die Geburtstagsfeierlichkeiten in Angriff. Es wurde ein so kurzweiliger wie langer Abend, der Gastgeber sorgte dafür, dass wir ausreichend alkoholhaltige Kaltgetränke zu uns nahmen – so viel, dass ich in den frühen Morgenstunden einen Glastisch mit etwas Ungeschick in einen Versicherungsfall verwandelte. »Macht nichts«, prustete Magnus und strahlte uns an, »jetzt geht auf Euer Zimmer und habt eine schöne Nacht. Und schaut auf keinen Fall in den Nachttisch.«

W. und ich spielten ein wenig mit den Vibratoren herum, allerdings eher kindisch-amüsiert auf Laserschwert-Art, dann legten wir uns brav ins Bett, jeder in seine Hälfte. In meinem – dem Genuss der alkoholhaltigen Kaltgetränke geschuldeten – Zustand kam mir im Dunkel der Einfall, auch ohne Fernseher auf der Fernbedienung herumzudrücken. Worauf sich unter der Matratze ein ächzender Mechanismus in Bewegung setzte. Das Fußteil fuhr empor, dann rüttelte der mittlere Teil des Bettes wild los und klappte das Kopfteil nach oben. Es war uns nur nicht klar, ob es sich um ein gerontro-orthopädsches Turbo-Therapiebett handelte oder um ein Erotiklager, das mechanisch Stellungsnachhilfe gab und anatomisch originelle Kopulationsmöglichkeiten schuf. W. und ich brachen endgültig vor Lachen zusammen. Selten habe ich so wenig an real zu vollziehenden Sex gedacht. Also ließen wir die Matratze noch ein neckisches Tänzchen aufführen, spielten ein wenig Obi-Wan Dildobi und Darth Vibrator schliefen endlich erschöpft und unschuldig ein.

»Und?«, fragte mich Magnus eierköpfend am Frühstückstisch und knuffte mich in die Seite, »was ging? Wie war's?«
»Wie – was ging?«
»Ja, Hammer-Nacht, oder?«
»Geiles Bett«, sagte ich.
»Und sonst?«
»Nichts und sonst.«
Magnus konnte es nicht wahrhaben, dass trotz seiner einschlägigen Bemühungen nichts gelaufen war. Er war ernsthaft enttäuscht und wollte mir den Glastisch in Rechnung stellen. Kurz nach dem Frühstück setzt er uns, diese undankbaren Gäste, vor die Tür. Immerhin: Seit dieser Nacht hat er nie wieder versucht, mich mit einer Frau zu verkuppeln.

Erwähnen sollte man nur noch, dass W. und ich bald darauf ein Paar wurden und nun seit Jahren miteinander verheiratet sind.