25.06.09

Magdi Aboul-Kheir

Von wegen Bonbon aus Wurst: Helge Schneider kann nicht überall sein

Das Telefon klingelt. Das bringt im Redaktionsbüro einer Zeitung nicht zwingend Erfreuliches mit sich, ist aber nicht zu vermeiden. Ich hebe pflichtbewusst ab, am anderen Ende ist eine atemlose Dame.
»Sie verlosen doch Eintrittskarten für Helge Schneider in der Donauhalle.«
»Ja.« Ich entschließe mich, unsere Kernkompetenz Kundenfreundlichkeit zu beweisen. »Wenn Sie uns heute bis 18 Uhr eine Mail schicken, nehmen Sie an der Verlosung teil.«
»Ich habe aber kein Internet. Kann ich Ihnen so eine Mail schreiben und persönlich vorbeibringen?«

Subversiver Humor in der Art Helge Schneiders? Nun, ein Mann, der gerade ein Buch mit dem Titel »Bonbon aus Wurst« herausbringt und seine aktuelle Tournee »Cirque du Kautz« nennt, wird auch so kauzige Fans haben, die Mails durch die Gegend tragen. Warum nicht gleich eine SMS per Brieftaube schicken?
Ich stimme also freudig zu: »Ja, klar. Wenn die Mail bis heute Abend bei uns im Büro ist, nehmen Sie an der Verlosung teil. Geben Sie die Mail einfach an der Pforte ab.«
»Vielen Dank. An wen soll ich sie adressieren?«, erkundigt sich die Dame.
»An die Kulturredaktion.«
»Ich schreibe Kulturredaktion, Helge Schneider, drauf. Dann wissen Sie gleich, um was es geht.«
»Prima.«
»Dankeschön.«
»Gern geschehen, tschüss.«

Bonbon aus Wurst, Mail aus Papier, damit vergesse ich die Angelegenheit, bis mir am nächsten Tag auffällt, dass ich weder von der Pforte noch von der Poststelle eine Mail auf den Schreibtisch bekommen habe. Das ärgert mich, denn eigentlich hatte ich für mich beschlossen, dass die originelle Dame tatsächlich Eintrittskarten gewinnen müsste. Ich statte dem Pförtner einen Besuch ab.
»Hat hier gestern Abend eine Dame einen Schrieb für die Kulturredaktion abgegeben?«
»Ja, ja, da war eine Frau da.«
»Und nun? Wo ist der Brief?«
»Da stand so ein Name drauf.«
Ich werde ungeduldig: »Ja, wahrscheinlich Helge Schneider.«
»Genau, so hieß der! Ich hab in unserem Personalverzeichnis nachgesehen: So ein Herr arbeitet nicht bei uns. Hab den Brief also nicht angenommen und die Frau weggeschickt.«

Ich glaube, Helge Schneider hätte das erfrischend, aber auch ein wenig traurig gefunden.