28.09.10

Magdi Aboul-Kheir

Den absolut sicheren Anmachspruch gibt es nicht, aber ich bin ihm schon sehr nahe gekommen

Liebe Jungs, ihr wollt wissen, wie man erfolgreich Frauen anmacht? Dann passt mal auf.

Murnau, Ende der 80er Jahre. Ich war mit 19 Lenzen von meinem neuen Arbeitgeber aus dem mondänen Schwaben ins verschnarchte Oberbayern gesteckt worden. Mein Arbeitgeber war die Bundeswehr und mir missfiel sowohl Arbeitskleidung als auch Tätigkeit. Die Kleidung war olivgrün, was mir nicht stand; die Tätigkeit war, über Hügel und Berge zu laufen und angeschrien zu werden, wofür ich überqualifiziert war. Das kundzutun war aber nicht schlau, weil man dann noch mehr laufen musste und noch lauter angeschrien wurde. Was ich herausbekam, indem ich es doch kundtat.

Zum mentalen und atmosphärischen Ausgleich suchten meine Kumpel und ich des Abends gern die örtliche Disco auf, um die Murnauer Damenwelt zu beglücken. Die Damenwelt vor Ort war die Beglückung durch die Wehrpflichtigen bereits im Übermaß gewohnt und so flüchteten alle motorisierten und auch nur halbwegs ansehnlichen Mädels und Frauen ins 20 Kilometer entfernte Garmisch-Partenkirchen.

Diejenigen, die es nicht schafften, nach Garmisch-Partenkirchen zu kommen und auch nicht in der Lage waren, dorthin transportiert zu werden, der echte Rest also, gingen in die Murnauer »Disco 2000«. Wir, wie gesagt, ebenso.

Die »Disco 2000« war so übel, wie der Name klingt. Deutsche Eiche trifft Resopalplatten, Trinkhalle trifft Tanzstadel. Es roch nach kaltem Rauch, verranztem Fritteusenfett und reichlich Urin, wobei Letzteres vergleichsweise noch am angenehmsten war.

In die »Disco 2000« ging man nur, wenn man nichts Besseres zu tun hatte, was eigentlich kaum vorstellbar war, weil alles besser war als die »Disco 2000«. Wir waren trotzdem fast jeden Abend dort. Tranken ein paar Hefeweizen, standen am Rand der Tanzfläche herum und glotzten, obwohl es nicht wirklich etwas zum Glotzen gab. Gelegentlich versuchte man sich ein ebenfalls herumstehendes weibliches Subjekt schönzutrinken, aber meistens war man vor dem erfolgreichen Schöntrinken betrunken. Und selbst auch nicht schöner geworden.

Und dann, eines Abend, sah ich SIE. Sie sah eigentlich viel zu gut für die »Disco 2000«, sie sah eigentlich selbst für Garmisch-Partenkirchen zu gut aus. Eine Erscheinung. Selbst ohne sie sich schönzutrinken, sah sie wirklich unfassbar augenschmeichelnd und rattenscharf aus. Ich trank trotzdem, schon aus Gewohnheit.

Die Erscheinung war jetzt häufiger da. Nicht jeden Abend, aber doch regelmäßig – was ich weiß, weil ich von da an immer dort war. Die Erscheinung trank Cola, stand am gegenüberliegenden Rand der Tanzfläche und schaute. Nicht zu mir und meinen Kumpels natürlich.

Manchmal war sie mit Freundinnen dort, manchmal auch allein. Einen Freund schien sie nicht zu haben, was unfassbar war und gegen Naturgesetze verstieß. Angesprochen wurde die Erscheinung fast nie, nur ganz selten traute sich ein verzweifelter Tropf mit Bundeswehrhaarschnitt an sie heran, doch wurde jeder mit wenigen Worten und ohne Lächeln von dannen geschickt.

Was mir auch keinen Mut machte. Ich traute mich ohnehin nicht, sie anzusprechen, obwohl ich wusste, dass ich es mir nicht verzeihen würde, es nicht wenigstens versucht zu haben. Und wie immer in solchen Situation hörte ich Sternenkrieg-Meister Yoda in meinem Kopf: »Luke, ich meine Magdi, es gibt kein Versuchen. Tu es oder tu es nicht.« Ja, ich würde es tun.

»Heute sprech ich sie an«, sagte ich also nach ein paar Wochen des stummen Starrens zu meinem Kumpel Andreas.
»Traust dich eh nicht«, knurrte Andreas und behielt damit vorerst recht.

»Aber heute sprech ich sie an«, sagte ich einige Tage später zu meinem Kumpel Michi.
»Geh weida«, meinte Michi, und es ging nicht weiter.

»Aber heute – heute ist sie fällig«, griff ich in der nächsten Woche erneut an und trank mein Bier mutig aus.
»Das bringt doch nichts«, sagt Andreas.
»Du bringst es nicht«, ergänzte Michi.
Ich bestellte noch ein Bier.
»Doch«, beharrte ich, »ich glaub, man muss sie einfach nur nett und originell ansprechen.«
»Und wie willst du das machen?«
Noch ein Bier. Ich atmete durch. Ordnete den Bundeswehrhaarschnitt.
»Vergiss es, die ist zu gut«, sagte Michi.
»Was soll denn das heißen?«
»Die ist zu gut für dich.«
Das konnte, wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Nur noch ein Bier.

Und dann ging ich einfach zu ihr rüber. Ließ ein Lächeln aufblitzen. Und holte den Hammerspruch raus. »Wartest du auf jemanden?«
Sie blickte in eine andere Richtung: »Ja.«
Das war eine Volte, mit der ich nicht gerechnet hatte. Ich suchte nach einer kämpferischen, geistreichen Entgegnung.
Und meinte nach einer fast schwachsining lang wirkenden Pause: »Ja, gut, okay.«
Dann ging ich wieder zu meinem Platz, wo sich meine Kumpel abklatschten.

Die »Disco 2000« war wirklich das Letzte. Ich bin nach dieser Schmach nie wieder hingegangen.
Was natürlich gelogen ist.

Liebe Jungs, ihr wollt wissen, wie man erfolgreich Frauen anmacht?
So nicht.