28.09.12

Magdi Aboul-Kheir

Nur mit dem Nobelpreis hapert es noch

Preise sind wie Hämorrhoiden, früher oder später bekommt sie jeder Arsch. Billy Wilder soll das gesagt haben. Na, der hatte gut frotzeln, weil er nämlich sechs Oscars gewonnen hat.

Wenn man denkt, wer oder was heute alles ausgezeichnet, geehrt oder prämiert wird, muss man sich sowieso nicht wundern. Es gibt Fingerhakel-Champions, Piercing-Weltmeister und Deutschlands klügsten Bürgermeister. Es gibt den »Käse des Monats«, und ein Möbelhaus wird zur »Perle des Mittelstands« erklärt. In Jena existiert sogar der »Preis für das schönste Fassadengrün«.

Der Fleischerverband zeichnet derweil Wurst aus für Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack. Also so ungefähr die gleichen Kriterien wie bei »Germany's Next Topmodel«.

Nun, ich bin nicht neidisch, denn man muss ja seine Grenzen kennen. Wenn man zum Beispiel Dan Shechtman nimmt, der hat den jüngsten Nobelpreis für Chemie bekommen, nämlich für die »Entdeckung der Quasikristalle«, und da ist er mir einfach zuvorgekommen. Oder wenn man den Nobelpreis für Physik anschaut, den gab es 2008 etwa »für die Entdeckung des Ursprungs der gebrochenen Symmetrie, welche die Existenz von mindestens drei Quarkfamilien voraussagt«. Und da muss man dann einfach mal sagen: Mit Quarkfamilien außer meiner eigenen kenne ich mich nicht ganz so gut aus. Also: Respekt, Kollege, den Preis mach ich dir nicht streitig.

Vor allem aber bin ich nicht neidisch, weil ich der wohl einzige Mensch bin, der sowohl Boxweltmeister war als auch Grimme-Preisträger ist. Wirklich: Muhammad Ali hatte keinen Grimme-Preis, Henry Maske nicht, und auch die Klitschkos haben nur ihre Bambis. Und umgekehrt waren Grimme-Gekürte wie Sönke Wortmann, Günther Jauch und Christiane Hörbiger niemals Boxweltmeister.

Wie es dazu kommt? Nun, kürzlich habe ich einen Filmemacher kennengelernt, der selbst mehrfacher Grimme-Preisträger ist. Beziehungsweise bezeichnet er sich als solchen. Für Fernsehspielserien 1969 und 1970 will er die renommierte Auszeichnung erhalten haben. Er selber habe die Urkunden nach einem Umzug nicht mehr gefunden. Bei einer Recherche bekam ich heraus, dass der Grimme-Preis erst seit 1973 vom Grimme-Institut vergeben wird, davor von der Volkshochschule in Marl, die darüber aber keine Aufzeichnungen mehr hat. Aha!

Und deswegen kann ich jetzt meine Geschichte erzählen – die Geschichte meines Grimme-Preises. Als Fünfjähriger habe ich mit der Super-8-Kamera meines Vaters die Reality-Soap »Ich will Pizza!« über unseren Familienurlaub am Gardasee gedreht und dafür 1972 den Grimme-Preis erhalten. Die Urkunde habe ich nach einem Umzug nicht mehr gefunden.