20.03.04

Till Frommann

King Kong, Kaffee, Kosmonauten

Vielleicht haben meine Eltern Schuld daran. Natürlich haben sie Schuld. Eltern haben doch immer Schuld – und zwar an allem.

Es muss einer dieser Siebziger-Jahre-Tage gewesen sein, an dem auf den drei Fernsehsendern und den zwei Feindsendern, die wir empfangen konnten, nur schreckliches Zeug lief. Schreckliche Siebziger-Jahre-Serien wahrscheinlich. Und schreckliche Siebziger-Jahre-Shows mit schrecklichen Siebziger-Jahre-Moderatoren in schrecklichem Siebziger-Jahre-Outfit. Meine Eltern werden wohl unter anderem deshalb ins Kino geflohen sein, und meine Mutter hatte mich im wahrsten Sinne des Wortes mitgeschleppt. Von ihrer Gebärmutter aus hatte ich leider kaum Chancen, mich zu wehren. Vermutlich habe ich sie ein paar Mal getreten, werde gestrampelt und mich mehrfach um die eigene Achse gedreht haben – kurz gesagt: Meine Rebellion hatte Grenzen, aber wenigstens hatte ich erreicht, dass ich per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht werden musste. Zum Glück bekam ich später noch viele Gelegenheiten, unter besseren Bedingungen aufmucken und rebellieren zu können.

Im Kino lief als Neuauflage »2001 – Odyssee im Weltraum« – und das ganze 139 Minuten lang, unter Umständen war es sogar die 156-minütige Version. Mit noch mehr Musik. Noch mehr Weltraum. Und noch mehr Technikschnickschnack.

Und dann war da dieser Monolith. Und die Affen.

Ich liebe Affen. Und Science Fiction. Und daran haben natürlich meine Eltern Schuld, weil sie mich an einem Siebziger-Jahre-Tag in einen Sechziger-Jahre-Science-Fiction-Film geschleppt haben.

Und dann ist da diese Kaffeemaschine, die wie dieser Monolith aus »2001 – Odyssee im Weltraum« aussieht. Ich liebte sie vom ersten Augenblick an. Hätte sie mir nicht der Paketdienstmensch gebracht, sondern ein laut grunzender Affe in Paketdienstuniform, hätte ich mich sicherlich noch mehr darüber gefreut. »Vielen, vielen Dank«, hätte ich ihm tränengerührt entgegengehaucht und hätte ihm mehrere Stauden Bananen als Trinkgeld überreicht. »Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen«, hätte er laut gegrunzt und wäre dann mirnichtsdirnichts wieder aus meinem Leben verschwunden, vielleicht um seiner Lieblingsfreizeitbeschäftigung – der Besteigung des Empire State Buildings – nachzugehen.

Die Kaffeemaschine hätte knapp hundert Euro gekostet. Etwas viel, eigentlich. Aber weil Zeitungsverlage anscheinend genügend Geld für Neukunden übrig haben, die sich einen Altpapierberg ein Jahr lang ans Bein binden wollen, bekam ich dieses edle Teil quasi kostenlos. Ich hätte mir auch eine andere Prämie aussuchen können, aber weil ich neben Affen, Science Fiction und Zeitungen fast genauso gerne Kaffee mag, lag die Entscheidung natürlich nahe.

Wie die Affen in »2001 – Odyssee im Weltraum« sprang ich um die Maschine herum, nachdem ich sie aus dem Karton ausgepackt hatte. Danach schmiss ich eine Kaffeetasse in die Luft, die sich vier, fünf Mal um die eigene Achse drehte. Und dann wurde auf eine Raumstation übergeblendet. Und dann fand ich mich in der Realität und einer Küche voller Kaffeetassenscherben wieder.

Die Kaffeemaschine protzt mit einem grün schimmernden Display, das die Uhrzeit anzeigt. Und erwähnte ich schon, dass ich schimmernde Displays ebenfalls liebe? Das Display meines Digitalreceivers schimmert auch grün. Mein Handy hat ein schimmerndes Farbdisplay, mein MP3-Player leider nur ein unscheinbares, monochromes.

Um es zusammenzufassen: Ich liebe technischen Schnickschnack. Ich liebe Affen. Ich liebe Science Fiction. Ich liebe meine Eltern. Ich liebe Zeitungen. Ich liebe Kaffee. Ich liebe meine Freundin. Und bis auf letzteres haben meine Eltern vollste Schuld daran.

Ist halt so.