08.12.07

Guido Heyn

Die Tortur

Fast nackt lag ich da vor ihr und sie konnte mit mir machen, was sie wollte, ich war ihr schutzlos ausgeliefert. Also anfänglich war ja noch alles in Ordnung und ich machte mir keine Gedanken oder Sorgen, aber als sie dann ohne Vorwarnung anfing, mir einige Brusthaare wegzurasieren, begann ich mich schon sehr zu wundern. Aber okay, ich machte das hier ja auch zum ersten Mal. Blitzschnell hatte sie den Einwegrasierer aus dem Regal über der Liege genommen, währenddessen sprach sie mit mir – wohl nur zur Ablenkung – und zack, waren die Haare weg. Na klasse, wie sah das denn jetzt aus. Also wenigstens fragen hätte sie ja ruhig können, dachte ich noch und bangte um meine Brustwarzen. Aber da ging es auch schon weiter. Sie fesselte mich mit diversen Elektrokabeln. Unwillkürlich dachte ich an üble Horrorfilme und Dokumentationen über schreckliche Experimente an Patienten in geschlossenen Anstalten. Ob ich das hier wohl heil überstehen würde? Aber ich Trottel hatte es ja unbedingt wissen wollen.

Als nächstes verpasste sie mir eine total eng anliegende Manchette. Ich spürte sofort die entstehenden Druckstellen und Striemen. Mann, war die Frau brutal, aber irgendwie schien ihr das zu gefallen, sie lächelte jedenfalls. Vielleicht dachte sie ja auch nur an die Kohle. Trotz der leichten Schmerzen und des tragischen Verlustes meiner Brusthaare bewunderte ich die Entschlossenheit und Routine, mit der sie an mir zu Werke ging. Keine Frage, sie machte das hier nicht zum ersten Mal, sie war ein Profi.

Dann befahl sie mir, mich heftig und schnell zu bewegen. Sie wollte mich schwitzen sehen, sagte sie. Also gab ich mein Bestes, und der Schweiß rann mir nach kurzer Zeit die Stirn und den Oberkörper hinab. Nach einer Weile war sie dann endlich zufrieden und ich fix und fertig. Als sie meine Fesselungen entfernt hatte, sah ich natürlich die Spuren auf meiner Haut: Striemen und zahllose Blutergüsse. Kein schöner Anblick. Aber sie würdigte mich schon keines Blickes mehr und machte sich Notizen. Bekam man bei sowas etwa eine Rechnung?! Sie erlaubte mir, mich wieder anzuziehen. Jetzt, in Kleidung, fühlte ich mich gleich viel sicherer, wenn auch noch etwas schwach auf den Beinen. Ich verabschiedete mich etwas kleinlaut und sie meinte, sie würde mich wieder anrufen. Meine Freude darüber hielt sich in Grenzen. Aber eines hab ich aus all dem gelernt: So ein Belastungs-EKG ist kein Zuckerschlecken.