14.09.11

Guido Heyn

Grauzonen, wohin man blickt

Zum Beispiel das Internet: Ist das nun Fluch oder Segen? Denn das Internet verursacht – wie ich kürzlich in der Zeitung las – soviel CO2-Ausstoß wie der gesamte Flugverkehr. Sollte man das Internet also besser meiden? Aber dann könnten Sie ja auch diesen Text hier nicht lesen. Und was ist mit den ganzen Errungenschaften, die das Web so mit sich gebracht hat? Vom bequemen Einkaufen vom Sofa aus über den wissenschaftlichen Austausch bis zu ganz speziellen Kontaktbörsen für 1,93 m große südwestnamibische Hobby-Fischzüchter ohne Abitur. Oder sollte man sich generell entscheiden, ob man fliegt oder surft? Beides wäre wohl verantwortungslos. Oder nicht?

Ebenfalls in der Zeitung las ich, dass man möglichst viel Sex haben sollte. Dies sorge für ein langes Leben, statistisch bewiesen. In derselben Zeitung stand jedoch auch, dass die Japaner die höchste Lebenserwartung hätten, aber auch den wenigsten Sex. Also was soll man jetzt glauben und wie soll man sich verhalten? Viel Sex oder wenig oder am besten nur noch Sex mit Japanern? Und wo lerne ich jetzt auf die Schnelle eine Japanerin kennen?

Auch Handys sind zurzeit wieder stark in der Diskussion, seitdem sie von der WHO auf die Liste der potenziellen Krebserreger gesetzt wurden. Man könne nicht ausschließen, dass häufiges Telefonieren mit ihnen zu Hirntumoren führe, so hieß es. Müssen wir also bald alle unsere geliebten Handys wegwerfen? Dabei hatte ich gerade erst ein iPhone bestellt, weil Apple ja sowieso erst dann Ruhe gibt, wenn wirklich jeder Erdenbürger mindestens ein iPhone sein eigen nennt. Denkbar wären natürlich auch Aufkleber auf den Handys wie die auf den Zigarettenpackungen: »VORSICHT! Häufiges Telefonieren mit dem Handy kann zu Gehirntumoren führen! Rufen Sie also nicht wegen jedem Scheiß an!«

Und während ich noch all diesen Gedanken nachhing, offenbarte mir meine Frau, dass wir einen Tigerschnegel im Garten hätten. Und dass dieser nützlich sei und ich ihn nicht töten sollte. Nicht, dass ich zum Töten neigte, nein, ganz und gar nicht. Aber ich vermutete ihn, also den Schnegel, schon eher bei den Schädlingen, bei denen ich dann doch schon hin und wieder – ich gebe es zu – zum Terminator werde.

Nicht dass ich meiner Frau misstraute, aber das wollte ich dann doch genauer wissen. Und während ich noch die Suchmaschine aufrief, überkam mich auch schon das schlechte Gewissen, hatte ich doch kürzlich erst gelesen, dass eine einzige Internetsuche so viel Strom verbraucht wie eine Energiesparlampe in einer ganzen Stunde. Können Sie sich noch erinnern, wie Sie als Kind mit dem Lichtschalter rumgespielt haben und das Licht immer wieder an und aus geknipst haben, obwohl Sie ganz genau wussten, dass man das nicht macht und es nur Strom verschwendet? Kommen Sie also ja nicht auf die Idee, jetzt nach dem Tigerschnegel zu suchen!

Ach, ist das alles schwierig heutzutage. Manchmal würde ich am liebsten mit dem Tigerschnegel tauschen.