21.11.06

Tobias Kaufmann

Segnungen der Moderne: Eventgastronomie

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass es in der U-Bahn nichts zu Essen gibt? Dass dem Otto-Normal-Fan im Stadion immer dasselbe Menü vorgesetzt wird: Bratwurst mit Pommes an einer Variation fußballerischer Magerkost? Und dass der Grieche um die Ecke zwar einen Berg Gyros zaubern kann, aber sonst künstlerisch nichts auf der Pfanne hat? Warum gehen wir da eigentlich noch hin? Ich frage mich, wie U-Bahnen, Fußballstadien und Restaurants sich so lange auf dem Markt halten konnten. Denn die Konkurrenz ist mittlerweile übermächtig.

An jeder Ecke machen Menschen wie Eckart Witzigmann ein Zelt auf, in dem sich zum Verrücktwerden schöne und witzige Menschen zur Schau stellen - und dazu gibt's Wachteln, dass die Schwarte kracht! Eventgastronomie heißt das.

Wer dies für einen Trick hält, um gelangweilten Yuppies etwas Teures anzudrehen, mit dem sie auch zum 15. Hochzeitstag noch auftrumpfen können, irrt gewaltig. Eventgastronomie ist die professionelle Weiterentwicklung des Frühstücks mit Zeitung und Radio - und damit die genialste Erfindung des Multimedia-Zeitalters. Denn wenn die Show mäßig ist, hat man wenigstens gut gegessen. Oder umgekehrt.

Hätten die Manager öffentlicher Nahverkehrsbetriebe einen Funken Geschäftssinn, dann gäbe es auf längeren Strecken ein kleines Menü - man vermutet bei den Fahrpreisen doch ohnehin schon, irgend ein Extra sei inklusive.

Beim Einsteigen Consommé von Sommergemüse, nach drei Stationen kurz gebratene Wachtelbrust an Himbeerjus und ab der sechsten Station Birne mit Roquefort. Dazu singt der Schaffner La Traviata.

Dann am Stadion aussteigen und beim Klub der Wahl - der statt teurer Spieler einen Küchenchef verpflichtet hat - das neue Mega-Event genießen: "Kicken und Kochen." Peinlich ist nur, wenn man beides nicht kann.