Was gehört zu einem gepflegten Fußballspiel? Tobias Kaufmann stellt rechtzeitig zur WM jeden Tag je ein wichtiges Element auf kolumnen.de vor: Elf Gebote für Fußballfans und solche, die es werden wollen.

31.05.06

Tobias Kaufmann

Die Elf Gebote
Gebot 2: Trikots und Schuhe

Der große Prophet Hesekiel hat zweifellos zu einem Fußballer gesprochen, als er sagte: »Und kleidete dich mit bunten Kleidern und zog dir Schuhe von feinem Leder an.«

Hier der Beleg. Die Grundausrüstung eines Spielers besteht laut Fußballregeln, neben Stutzen und Shorts, aus »Fußbekleidung« und »einem Jersey oder Hemd«, wobei letzteres »ein Kleidungsstück mit Ärmeln« sein muss. Nicht festgelegt, aber genauso wichtig, ist die Frage, welches Trikot als hübsch gilt – ist dies doch fürs weibliche Publikum oft ein entscheidendes Kriterium dafür, welchem Team die Sympathie zufliegt.

Mein erstes Fußballtrikot bei den Freien Turnern Braunschweig war ein braunes Baumwoll-T-Shirt mit aufgenähten weißen Streifen. Das war damals archaisch, wäre heute aber wieder retro. Ansonsten geht der Trend zu hautengen Leibchen. Die sind ideal für knackige Leiber. Aus eigener Erfahrung möchte ich vielen Familienvätern und Redakteuren allerdings von den neuen Modellen abraten. Gequetschtes Fett sieht niemand gern.

Eine Regel, die nur für Freizeitkicker zutrifft, lässt sich an Wochenenden in einem beliebigen Park verifizieren: je professioneller das Trikot, desto besser der Spieler. Ich habe in meinem Fußballerleben nur eine Handvoll Menschen getroffen, die im selbst gebatikten Hemd aufgelaufen sind und davon auch nur ansatzweise mit ihren Ballkünsten ablenken konnten. Zugegeben, auch die Zahl der Nullos im Real Madrid-Trikot ist groß. Grundsätzlich gilt aber: Ein guter Fußballer guckt, was die Stars und der eigene Lieblingsverein tragen.

Trikots sind jedoch mehr als eine modische Spinnerei. Das Gefühl, das ein Kleidungsstück am Körper verursacht, wirkt sich bekanntermaßen aufs Wohlbefinden und damit auf die Leistung aus. Wer je einen Angorapulli auf nackter Haut oder eine zu kleine Unterhose getragen hat, weiß, was ich meine. Warum sollte dies nicht für Trikots gelten? Sie müssen Kälte und Hitze abhalten, Schweiß aufsaugen, ohne dabei nass zu werden, und sollten nicht dauernd verrutschen. Das luftig-sanfte grün-weiße Zebratrikot der SG Steinlah/Haverlah habe ich immer gern getragen, das blaue Jersey von Makkabi Berlin weniger: zu kratzig, zu fest, zu schwer. Kommen wir zur Fußbekleidung. Mag mein Gebot Trikots noch geschmäcklerisch sein, das Gebot Fußballschuhe ist mit mir definitiv nicht verhandelbar. Der Herr hat sich etwas dabei gedacht, als er den Menschen die Stollenschuhe erfinden ließ. Auf Kunstrasen und Asche sind Schuhe mit kleinen Gumminoppen – Tausendfüßler genannt – angebracht, auf trockenen Böden normale Noppen. Je nasser und tiefer der Rasen, desto dringlicher sind Fußballschuhe mit Noppen oder Schraubstollen. Dem üblichen Gejammer von Gelegenheitskickern (»Aber wenn du mich damit triffst«) ist zu entgegnen: Unsicherer Stand in Verbindung mit Geschwindigkeit verursacht üblicherweise Muskelverletzungen. Und ein versehentlicher Tritt mit Stollen tut nicht annähernd so weh wie ein Student, der einem wegen seiner rutschigen Turnschuhe hilflos in die Knochen schlittert.

Zusammengefasst: Bei Schuhen und Trikot folgt der Fußballer idealerweise den Gesetzen der praktischen Vernunft sowie dem Werbespruch eines führenden Fußballartikelherstellers: »Vergiss nie, es schauen Mädchen zu.«

Was gehört zu einem gepflegten Fußballspiel? Tobias Kaufmann stellt rechtzeitig zur WM jeden Tag je ein wichtiges Element auf kolumnen.de vor: Elf Gebote für Fußballfans und solche, die es werden wollen:

Gebot 1: Rasen | Gebot 2: Trikots und Schuhe | Gebot 3: Aberglaube | Gebot 4: Der Ball | Gebot 5: Fans | Gebot 6: Trainer | Gebot 7: Teamgeist | Gebot 8: Tore | Gebot 9: Taktik | Gebot 10: Schiedsrichter