Lutz Kinkel

Kloeppels »Ich zeig' Dir was«

Immer wieder dieselben Schlagzeilen. Gleichgültig, ob es um die Systems geht, die CeBIT, die IFA, die IBC in Amsterdam oder irgendeine andere Medien- beziehungsweise Computermesse. »Ausstellerschwund: Messe ins Gemeindehaus verlegt«, heißt es in der lokalen Presse. »Drama im Tickethäuschen: Kassiererin langweilte sich zu Tode«. »Prinz Ernst August: Ich pinkel nur noch daheim!« Nach einigen dürren Messewochen folgt unweigerlich der Artikel über das Fazit der Veranstalter: »Messe-Chef Schnorres: »Wir sind hochzufrieden.«« Natürlich kündigt Schnorres zugleich an, dass die Messe im kommenden Jahr noch drei Monate länger dauern soll, für den Neubau der Messehallen das Studentenviertel geräumt werden müsse und die Aussteller schon einige »Weltsensationen« angekündigt hätten.

Aber machen wir uns nichts vor: Nächstes Jahr wird Schnorres der erste, letzte und einzige Besucher seiner »Mediafuture Recklinghausen« sein und irgendwo einsam in seine Prospekte heulen. Tage später wird er, von Stützbieren und Depressionen überschwemmt, erkennen müssen: Es hat sich ausgemesst. Aus- und vorbeigemesst.

Der Grund dafür ist simpel: Kein Mensch hat mehr Geld für diesen Schnickschnack. Wenn der NDR in Hamburg eine Pressekonferenz gibt, verfüttert er Häppchen von vorangegangenen Ressortleitersitzungen an die Journalisten, bei Sat.1 müssen die Marketingleute neuerdings das Senderlogo mit Buntstiften ausmalen, weil es kein vierfarbiges Geschäftspapier mehr gibt – wo, bitteschön, sollen diese Menschen eigentlich das Budget hernehmen, um die Abermillionen Telemessen zu beschicken, die es jedes Jahr gibt?

Auf der Konsumentenseite sieht es nicht viel besser aus. Jeder Familienvater meidet Messen wie die Pest, weil er genau weiß, dass allein die Parkgebühren sein Weihnachtsgeld vernichten werden. Und der so genannte Fachbesucher, der sich früher auf Kosten seines Arbeitgebers einen halben Vortrag angehört hat und dann drei Wochen kampftrinkend und -koitierend über die Hamburger Reeperbahn zog – den gibt's auch nicht mehr. Er war irgendwann so überflüssig wie »Dallas« in Äthiopien und wurde einfach wegrationalisiert.

Während das Messewesen derart seinem verdienten Tod entgegendämmert, überlegen die Firmen, wie sie die verloren gegangenen Image- und Werbeeffekte kompensieren können. Die Schlauen haben bereits eine Lösung: die selbstgemachte »Inhouse-Messe«. Vorreiter ist, wie so oft, RTL, wo Peter Kloeppel jeden Abend um 18.45 Uhr die Messeshow »Ich zeig' Dir was!« moderiert. In den ersten fünf Minuten erzählt Kloeppel immer gruselige Geschichten von Biowaffen, Börsencrashs und Wahlniederlagen. Diese Geschichten dienen aber nur dazu, dem Zuschauer die Welt möglichst madig zu machen. Denn umso gieriger inhaliert er alles, was ihm Messe-Peter und seine blonde Assistentin Ulrike von der Groeben später anservieren: Schnittige Werbetrailer für »DSDS«, die Formel1 und Skispringen, Beiträge über RTL, RTL oder auch RTL.

Kloeppel behauptet dennoch immerzu, er würde Journalismus betreiben. Der Engländer in uns allen weiß es genauer: »It's a mess«.

Diese Kolumne ist Teil von "Ich glotz TV (Teil I)".