28.12.05

Sebastian Klug

Die Realität gegen SATC

Die Frauen in meinem Leben sind durchweg wundervoll. Sowohl bei der Urfrau, meiner Mutter, als auch bei meinen Ex-Freundinnen hatte ich immer ein glückliches Händchen, und meine Freundin ist sowieso der beste Beweis für meinen Menschengeschmack, weil sie den Begriff Einzigartigkeit noch mal einzigartiger macht. Aber auch meine Nebenfrauen, zu denen ich jetzt einfach mal den weiblichen Teil unseres (von uns zur Abgrenzung des negativ belegten Begriffs »Clique« als »Nichtclique« bezeichneten) offenen Freundeskreises zählen will, sind allesamt einzigartig. Mit einer Einschränkung: Einer leichten Tendenz zu neofeministischem Privatfaschismus. Einem zwar überschaubaren, aber doch hartnäckigen Hang zur systematischen Unterminierung jeglichen männlichen Daseins bei gleichzeitiger Forderung des stetigen Einsatzes seiner vollen Kraft, Stärke und Gewalt.

Dieses Phänomen ist nicht nur nicht neu, es wurde vor allem bereits medial ungeheuer lukrativ ausgeschlachtet: Trifft man in Internetforen auf Frauen, so geben diese in einem Großteil der Fälle als ihre liebste Fernsehserie »SATC« an, eine scheinbar gängige Abkürzung für »Sex and the City« – der Geschichte von vier Frauen, die aufgrund ihrer Zickigkeit und ihrer übersteigerten sexuellen Selbstüberschätzung dazu verdammt sind, sich von einer Phase der Frustration zur nächsten zu hangeln. Dass ihre ständige Koketterie mit der eigenen Geschlechtlichkeit, das nicht enden wollende Postulieren von scheinbar faktischen Thesen über das männliche Wesen und ihre Reduzierung der Grundidee einer zwischenmenschlichen Beziehung auf den Machtgewinn über den anderen zu nichts führt als zu Unzufriedenheit, fiel den zahlreichen Frauen, die jede Folge der Serie gierig verschlungen, jedoch scheinbar nicht auf.

So auch meinen Nebenfrauen. Zur Regulierung ihrer Situation – sämtliche Männer unserer Nichtclique sind mittlerweile glücklich unter der Haube, von den Frauen ist es nur eine – haben sie bereits einen »Mädelsabend« eingerichtet. Immer montags trifft man sich nun in einer Bar und bespricht die Themen, die einem auf der Seele liegen mit der geforderten Emotionalität, sprich: man zerlegt die Männer. Das Problem: Damit ist nichts gelöst. Denn auch wenn sich die Frauen in ihren Rollen als urbane Amazonen noch so gut gefallen, wir Männer sind nicht das Freiwild, das diese Raubtiere bräuchten. Die wirklich interessanten Exemplare von uns, und auf die haben es auch die Amazonen abgesehen, spielen die Spielchen zwischen Distanz und Nähe nicht mit, lassen sich nicht von einem »Wer ruft wen an?« aus der Bahn werfen und haben nur eines im Sinn: Sich klar und deutlich zu erklären.

Und genau das ist es, was wir auch von den Frauen erwarten. Und so kann beispielsweise der Versuch, uns auf Distanz zu halten, um die Macht über uns zu behalten, sehr schnell nach hinten losgehen: Wenn's vorne nicht weitergeht, neigen wir Männer beizeiten ganz pragmatisch dazu, uns umzudrehen und in die entgegengesetzte Richtung zu laufen – meist in die Arme einer Frau, die uns dann besser versteht.

»Was Frauen wollen« heißt ein zwar flacher, aber amüsanter Film, der jedes Jahr wieder in das weihnachtliche Fernsehprogramm passt. Mel Gibson spielt darin einen Werber, der durch einen unglücklichen Unfall die Gedanken der Frauen lesen kann. In einer Schlüsselszene »belauscht« er seine Chefin, die beim Nachdenken über eine Werbeidee für eine erfolgreiche Sportartikelfirma zu dem Schluss kommt, dass eine Frau beim Sport vor allem die Befreiung von all den Spielchen des Alltags sucht. »No games. Just sports.« lautet der Slogan, der dabei herauskommt, und genau das ist es, was ein gesundes, erwachsenes Sozialverhalten auszeichnen sollte: eine gewisse Ernsthaftigkeit als Zeichen des Respekts gegenüber dem Anderen.

Diese Ernsthaftigkeit fehlt den ehemaligen Mädchen von gestern und künftigen Frauen von morgen in ihrem heutigen Denken beizeiten. Gefangen in einer Daseinsphase zwischen Jugend und Alter scheinen sie sich zu oft an einem Menschenbild festzuklammern, das ursprünglich nicht mehr als eine Satire auf den modernen urbanen Menschen sein sollte. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist oftmals nur eines: die Liebe.

Das traurige Spiel vom Sex und der Stadt verkommt so zu einem Mahnmal des Scheiterns an dem Versuch, das Leben als Imitation der Kunst zu verdrehen.

Die letzte Folge der Serie liegt mittlerweile hinter uns. Viele Frauen waren darüber wenig erfreut, doch liebe Frauen, glaubt uns Männern, wenn wir Euch mit einem berechtigten überheblichen Augenzwinkern zuflüstern: »Es ist das Beste für Euch!«