14.12.07

Raymund Krauleidis

Eine kleine Geschichte vom »Brauchen«

»Darum geht es doch gar nicht!« entgegnete ich der Verzweiflung nahe. Sie hatte wieder einmal nichts kapiert. Rein gar nichts!

Ein Mann kann eben nicht gegen seine Gefühle ankämpfen. Erst recht nicht in einem Elektrofachmarkt. Und wenn seine Liebe auf einen 42 Zoll Plasmafernseher mit bewegungsbedingter Rauschunterdrückung und USB-Schnittstelle für 2.549 Euro fällt, dann fällt sie eben auf einen 42 Zoll Plasmafernseher mit bewegungsbedingter Rauschunterdrückung und USB-Schnittstelle für 2.549 Euro. Punkt!

Was bedeutet schon Geld im Vergleich zu dem wohligen Gefühl, welches einen echten Mann durchfährt, wenn seine Finger gleichwohl sanft wie gefühlvoll über das filigran verarbeitete Gehäuse eines Plasmafernsehers der Luxusklasse gleiten dürfen?

Eben: Nichts!

Frau versteht es allerdings immer wieder auf’s Neue, solche seltenen Momente inniger Romantik und gefühlvoller Verbundenheit mit einem einzigen, lapidar dahergesagte Satz kaputt zu machen:

»Den brauchst Du doch eigentlich nicht!«

»Könntest Du etwas brauchen, das Dich ständig nervt, Dir Vorschriften macht und Dich einfach nicht verstehen will?«, fragte ich sie.
»Natürlich nicht!«
»Siehst Du, und dennoch bin ich mit Dir zusammen!«, konterte ich mit dem sicheren Gefühl des Triumphes.

»Du liebst mich eben!«, entgegnete sie schnippisch und drehte sich demonstrativ weg von mir um im Folgenden ihre volle Aufmerksamkeit den Haushaltsgeräten in den Regalen gegenüber zu widmen.

Dies war zwar nicht die Reaktion, die ich mir ursprünglich erhofft hatte, eröffnete mir allerdings ungeahnte Möglichkeiten für einen um einiges effektiveren Plan B.

Ich folgte ihr zu den Bügeleisen und schnappte mir den nächst besten, gelangweilt herumstehenden Verkäufer: »Geben Sie mir das beste Bügeleisen, das Sie haben – Geld spielt keine Rolle!«

Nachdem mein Gegenüber seine kurzzeitig verlorene Fassung wiedererlangt hatte, führte er mich zu einem Ding, das aussah wie ein ... Bügeleisen. »Dies hier ist der Ferrari unter den Geräten. Dampfdruck von knapp 4 bar, mikrofeine Dampfstruktur und ein abnehmbarer 1,5-Liter-Tank. Kostet 699 Euro. Dafür bietet es Ihnen aber eine ...«

»Keine weiteren Details! Ist Gekauft«, unterbrach ich ihn schroff, schnappte den Karton und blickte entschlossen in das von zehntausend Fragezeichen entstellte Gesicht meiner besseren Hälfte.

»Manchmal muss ein Mann eben das tun, was ein Mann tun muss«, flüsterte ich ihr augenzwinkernd zu und fühlte mich dabei so freudig erregt wie ein Kind kurz vor der Bescherung. Verwirrt folgte sie mir auf den Weg zur Kasse.

»Könnten Sie es einpacken – soll ´n Geschenk sein«, bat ich die Kassiererin höflich.

»Geschenk?«. Ich spürte, wie mich die Blicke meiner Angetrauten hinterrücks zu erdolchen versuchten.

»Du weißt schon, Weihnachten und so...«, entgegnete ich betont lässig.

»Aber ... aber ... was ist mit den Ohrringen, die Du mir versprochen hattest?«, stammelte sie der Verzweiflung nahe.

»Ach die ... Ich glaube die brauchst Du eigentlich gar nicht. Ich finde Dich auch so ganz hübsch!«. Ich warf ihr zur Untermauerung meiner eben getätigten Aussage einen – zugegebenermaßen geheuchelten – Kuss zu, welcher seine Wirkung dann auch erwartungsgemäß verfehlte.

»Es geht nicht um's Brauchen, es geht darum, dass ich sie ... HABEN WILL, Du Arsch!«, brüllte sie mich in einer für alle im riesig großen Elektrofachmarkt befindlichen Personen sehr gut hörbaren Lautstärke an, während eine scheinbar grenzenlose Wut ihr die Tränen in die Augen stiegen ließ.

Ich steckte die EC-Karte in mein Portemonnaie, schnappte das filigran verpackte Bügeleisen und lächelte ebenso glücklich wie zufrieden.

Sie hatte verstanden ...