25.02.08

Michael Meyn

Morgen früh, wenn Gott will ...

Jeden Abend, wenn ich bereits mit einem Bein im Bett bin, kommt von meinem Rippchen der gleiche Satz:

»Mach bitte noch schnell das Licht im Flur aus!«

Das kleine gedämpfte Licht im Flur ist für mich sehr wichtig. Es dient mir morgens zur Orientierung. Seit sich Wulfgäng bei uns eingeschlichen hat, ist alles anders. Das Bett teilen wir uns nun zu dritt, und die Schlafzimmertür muss immer einen Spalt geöffnet bleiben, damit sich die Katze frei bewegen kann. Auf meine Orientierung darf somit keine Rücksicht genommen werden, denn alles was heller als dunkel ist, kann mein Rippchen nicht vertragen. Daher auch die ständige Aufforderung: »Mach bitte noch schnell das Licht im Flur aus!«

»Herrjeh, kann das Licht nicht mal eine Nacht anbleiben?«, bockte ich, wohlwissend, dass jegliches Jammern zu nichts führen würde.

»Nein. Es stört mich.«

»Warum?«

»Ich kann nicht schlafen, wenn es hell ist.«

»Mach die Augen zu, dann ist es dunkel.«

»Mir reicht es zu wissen, dass noch Licht brennt. Es mag eine Macke sein, ist aber nun mal so.«

»Wenn's nur die eine Macke wäre ...«, grummelte ich griesgrämig.

Es bedarf keiner weiteren Erklärung, dass diese unvollendete, dennoch ungeheuerliche Äußerung ein eindeutiger Kriegsakt war. Mit einem echauffierten Gesichtsausdruck aktivierte mein Rippchen ihre verbalen Kurzstreckenraketen. Ich erkannte es am hektischen Drehen ihres Eherings, als müsse sie erst noch die Kanonenrohre hoch kurbeln. Im Dunkeln wäre mir der bedrohliche Anblick erspart geblieben.

»Du willst dich mit mir über meine Macken unterhalten?« Dies war ein Warn- oder auch Testschuss. Mir wurde die Chance zum Rückzug gegeben. Mutig preschte ich vor.

»Ja, das will ich!«

Wulfgäng – dort liegend, wo ich früher immer gelegen hatte – spottete: »What an idiot!«

»Misch dich nicht in unsere Angelegenheiten ein, Wulfgäng!«, schimpfte ich erbost, weil das Biest noch nie zu mir gehalten hatte.

Wulfgäng: »Alright, but you're still an idiot.«

»Schnauze!«

Die Angriffslust wich aus dem Gesicht meines Rippchens. Nun sah sie mich besorgt an.

»Nimmst du wieder Drogen, Schatz?«

»Wieso?«

»Du streitest dich gerade mit einer Katze.«

»Sie hat angefangen!«

»Mach doch einfach das Licht aus und dann schlafen wir.«

»Nein, ich will mich jetzt streiten. Und wo wir schon mal dabei sind: Welches Handtuch im Badezimmer ist meins? Das an der Wand oder das an der Duschtür?«

»Das an der Wand.«

»Richtig. Und warum benutzt du es dann?«

»Ich benutze dein Handtuch nicht. Ich habe mein eigenes. Das an der Duschtür.«

»Jeden Morgen ist mein Handtuch entweder verschwunden oder nass, weil du dich damit abgetrocknet hast.«

»Dann nimm doch meins!«

»Meinst du, ich hätte das noch nicht versucht? Es ist aber auch immer nass.«

»Mach endlich das Licht aus!«

»Und dann ist da dieses mysteriöse Mini-Handtuch. Hängt genau dort, wo eigentlich mein Handtuch hängen sollte. Welche Funktion hat es?«

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Was für ein Mini-Handtuch?«

»Stell dich nicht doof! Ich hab's schon mehrfach auf den Boden geschmissen, doch es kehrt immer wieder zurück. Was soll ich damit? Die nasse Stirn abtupfen? Ich will kein Mini-Handtuch!«

»Total idiot!«

»Fuck off, Garfield!«

»Licht? Bitte?« Mein Rippchen blickte flehend in meine Augen.

»Ach, was soll's?«, dachte ich und schaltete das Licht im Flur aus. Frauen setzen immer ihren Willen durch. Daran würde auch ein Michael Meyn nichts ändern. Gleichmütig schnappte ich mir meine Nachtlektüre, knipste das kleine Nachttischlämpchen an und sagte:

»Ich lese noch ein bisschen. Schlaf gut, Schnuckie.«