17.01.08

Antoine Monot, Jr.

Die zehn goldenen Regeln, wie man sich als Schauspieler am Set, also während der Dreharbeiten verhält. Die »dos and don'ts« der Filmbranche oder
Wie vermeide ich einen Ruf als schwieriger Schauspieler, und warum die zehn Regeln eigentlich aus elf Punkten bestehen.

So, einen Ruf habe ich nicht mehr zu verlieren. Ich gelte schon als schwierig, zickig, kompliziert. Macht aber nichts. Also das mit dem Ruf. Trotzdem habe ich mir gesagt: »So, jetzt ist Schluss, jetzt willste«, damit meinte ich mich selber, »deinen Ruf wieder auf Vordermann bringen«. Gesagt, getan.

Am Set, so das fachsimpelnde Wort für den Ort, an dem man sich aufhält, wenn man dreht, also einen Film oder eine Serie oder so herstellt, also, am Set hat man als Schauspieler grundsätzlich erstmal die schwierigste Position: man ist der, der am meisten verdient, der, der am meisten Aufmerksamkeit erhält, der, um den sich alle kümmern und der, der meisten am zickigsten ist. Das ruft schnell einfach nur Unverständnis auf den Plan. Allerdings nur dann, wenn man sich nicht an die zehn goldenen Regeln hält.

Jetzt hier hast du die einmalige Möglichkeit, entweder a) zu erfahren, was du als Schauspieler machen musst, damit du Deutschlands beliebtester Schauspieler wirst, oder b) vor deinen Freunden, deiner Freundin prahlen zu können, wie man sich als »richtiger« Schauspieler am Set zu verhalten hat. Wahnsinn. Let's go.

Jetzt hier also – die zehn goldenen Regeln:

  1. Zeige dich demutsvoll. Auch wenn du der Ansicht bist, du wärst der Größte hier, gibst du jeden Morgen jedem Mitarbeiter am Set die Hand. Damit machst dich schon mal nebenbei sehr beliebt. Und glaube mir, auch der letzte Fahrer produziert irgendwann deinen nächsten Film.
  2. Wenn du dich für eine Rolle zu entscheiden hast, lies nur deine Textstellen. Ergeben diese keinen Sinn oder sind nicht relevant, hast du die Rolle abzusagen. Auch wenn die Texte der Kollegen noch so toll sind, sie sind irrelevant für deine Rollenauswahl (Ausnahme: du verdienst viel Geld.
  3. Stelle deinen Regisseur nie in Frage. Mag die Anweisung noch so dämlich sein, hast du immer mit einem »sehr gerne, natürlich« oder »sehr gerne, sofort« zu antworten. Sage dies aber auch, wenn du nicht denkst, dass die Anweisung dämlich ist. Wichtig!
  4. Sei immer nett zum Kameramann, er ist dafür verantwortlich, dass dein Gesicht gut aussieht. Hilf ihm beim Setzen des Lichts und biete ihm auch gerne Geld an. Er nimmt es!
  5. Wenn der Tonmeister zu dir kommt und dir sagt, dass du zu leise bist, vermeide jedes »das geht aber für die Szene nicht lauter. Ich kann die Liebe zu dieser Frau doch nicht heraus schreien«. Mach es einfach. Besser: sag es einfach. Sag »sehr gerne, natürlich« oder »sehr gerne, sofort« und verändere nichts. Die Chancen stehen sehr hoch, dass a) der Tonmeister sich einbildet, du hättest lauter gesprochen, b) du von alleine ein bisschen lauter sprichst oder c) der Tonmeister denkt, du bist einfach nur unfähig. In jedem Fall aber denkt der er: »so ein netter Kerl«.
  6. Wenn du zusammen mit einem Kollegen in einer Einstellung vor der Kamera stehst, hast du immer zu versuchen, einen Schritt hinter ihm zu stehen. Dadurch muss er/sie sich leicht eindrehen, während du frontal herrlich im Bild und der Kollege seitlich leicht angeschnitten ist. Wichtig I: mache das nur in Einstellungen, die dir wichtig sind. Es darf nicht auffallen! Wichtig II: mache es nur, wenn du der Hauptdarsteller bist. Bist du es nicht, hast du diese Regel nicht zu befolgen.
  7. Laufe am Set immer mit dem Drehbuch herum, wobei du jederzeit irgendwelche Illustrierte reinlegen kannst. Stelle dich möglichst in die Nähe des Regisseurs und bewege lautlos die Lippen. Ab und zu hast du in den Himmel zu schauen und wieder die Lippen lautlos zu bewegen. Der Maestro bekommt dadurch das Gefühl vermittelt, du würdest permanent Text lernen. Er wird dich wieder besetzen.
  8. Gehe vorsichtig mit Requisiten und Kostüm um. Zieh dir beim Essen von alleine ein Lätzchen an. Du machst dich damit zum Liebling der Kostümabteilung und gleichzeitig zum Gespött des ganzen Teams (letzteres hilft dir wiederum bei Punkt 1).
  9. Hör auf zu Fühlen beim Spielen. Du bist Schau-Spieler und kein »Ich-muss-dreimal-um-den-Block-rennen-um-außer-Atem-zu-sein-Fühlspieler«. Das wiederum verschafft dir Respekt bei den Technikern des Teams.
  10. Sprich an jedem Set, an jedem Tag gut über Anke Engelke, Bastian Pastewka, Olli Dittrich und Christoph Maria Herbst. Mach es einfach.
  11. ... und inoffiziellste Regel (daher spricht man auch nur von den zehn goldenen Regeln): Veröffentliche diese Regeln nie, da du dich bei lesenden Teammitgliedern sofort unbeliebt machst, da berechnend.