30.08.02

Selina Riefenstahl

Straßenfeger!!!!

Mehr als 15 Millionen Zuschauer, das kommt in die Nähe der Quote von sportlichen Großereignissen und schlägt den letzten amtierenden Straßenfeger der Nation, "Wetten, dass...?" Dieser Straßenfeger trug den wenig originellen Titel "Das Duell". Es war eine Neuerung in der Deutschen Fernsehlandschaft, aber auch noch in einem anderen Sinne, als in dem bekannten, nämlich: Völlig ohne Werbeblock, bei DER Quote und in den beiden großen privaten Sendern!

Das hat es noch nie geben, das ist die Quadratur des Kreises. Es wäre das ideale Umfeld gewesen, um Weißwurst oder Haarpflegeprodukte zu bewerben. Dieses ganze Spektakel war schon absurd genug, da hätte ein Werbeblock nur aufgelockernd wirken können. Und kein mündiger Bürger hätte ein schlechtes Gewissen haben müssen, als er die pole position vor der Glotze aufgab, um sich ein weiteres Bier zu holen, aus Angst, er könnte was verpassen. Er konnte definiv nichts verpassen.

Was lehrt uns das nun?

Das schöne ist, das sich hinterher jeder in seiner Meinung bestätigt fühlte. Die Kontrahenten umklammerten zu Beginn fest ihre Rednerpulte. Stoiber fiel nach dem ersten Drittel der Sendezeit ein, dass er seine potenziellen Wähler vielleicht mit einem gewinnendem Lächeln umgarnen könnte, das hat er dann fleißig versucht in die Tat umzusetzen, aber leider bei den falschen Themen und mit der einnehmenden Ausstrahlung eines frisch gerupften Truthahns. Schröder war da souveräner, was niemanden wirklich gewundert hat.

Wofür nun solche "Redeschlachten"? Es war ja keine wirkliche. Hinterher wurde auf allen Kanälen fleißig bewertet. Neue Gedankengänge der Kandidaten gab es nicht zu vermelden, denn es gab keine.

Der Mensch ist so gestrickt, dass er sich fast automatisch der eigenen Meinung zuwendet. Ich höre doch dem Journalisten, der meine Meinung bestätigt, viel aufmerksamer zu, als seinem (und damit auch meinem) Widersacher. Wir pflegen unsere Vorurteile und attestieren uns verflucht gerne, wie Recht wir doch haben. Wir sehen und hören die einzig richtigen Sendungen und lesen natürlich die objektiv beste Zeitung. Kombiniert mit derart investigativ fragenden Journalisten in einem Studio, das die anheimelnde Atmosphäre einer swimmingpoolblauen Bahnhofhalle hatte, ist es sicher als ein wesentliches Standbein unserer Mediendemokratie bald nicht mehr wegzudenken...

Am Sonntag wartet die Nation gebannt auf die Fortsetzung, the only way is up! Wer mir echte Differenzen im Wahlprogramm der beiden Volksparteien nennen kann, bekommt einen Gummipunkt!