18.09.08

Axel Scherm

Hirst Du Hendrix?

Gestern hat uns Damien besucht. Er hat ein paar Flaschen Weißwein, Gemüse, Thunfisch und Kalbfleisch mitgebracht, denn wir, die Liebste und ich wollten mit ihm zusammen kochen: Vitello Tonnato. Damien liebt Vitello Tonnato und die Liebste bereitet dieses Gericht auf unvergleichliche Weise. Da kannst Du jeden Italiener vergessen. Forget the Italians, sagt Damien dann immer und lässt dabei ein Stück Vitello aus dem Mundwinkel hängen.
Ach ja, Damien hat so einen herrlich britischen Humor, so einen Monty-Python-Humor. Forfett fe Ifalianf – auch der Liebsten und mir hängt Kalbfleisch an Thunfischsauce wie eine kranke Zunge aus dem Mund und wir prosten uns zu.

Was soll ich sagen. Es wurde, wie immer, wenn Damien zu Besuch ist, ein grandioser Abend und gerade gestern hat Vitello Tonnato natürlich besonders gut gepasst, denn am Nachmittag ist Golden-Dolly angeliefert worden – das goldene Kalb.
Der Name stammt übrigens von uns und soll so eine kleine Hommage sein, an das erste geklonte Schaf. Damien hat zwar zunächst ein wenig gezuckt, als wir ihm den Namen genannt haben, aber fünf Flaschen Wein später, war er vollkommen damit einverstanden und hat noch mehrfach in dieser Nacht seinem – also unserem Kalb zugeprostet: Cheers Golden-Dolly – forget the Italians – fuck the Gallerists.

O.k., ich muss zugeben, es war ein Spontankauf, aber ich wollte, nachdem die fünfzehn Millionen Festgeld frei wurden und Bankenpleiten allenthalben drohen, unser gesamtes Bargeld zu vernichten, ein Mal im Leben etwas anderes kaufen als Gold- und Silberbarren. Der ganze Keller liegt voller Gold- und Silberbarren.
Kunst, habe ich so bei mir gedacht, Kunst wäre doch mal was anderes. Und nachdem ich Damien jetzt schon so lange kenne und nie etwas von ihm gekauft habe, habe ich zugeschlagen – telefonisch.
Den Typ von Sotheby’s kenne ich ja auch schon ewig und wenn ich dem sage, maximal fünfzehn Millionen, dann bringt der mir was anständiges zu dem Preis.

Jetzt steht Golden-Dolly bei uns im Wohnzimmer und Damien, dem es gestern ordentlich gereicht hat, ist vor dem Kälbchen auf dem Fußboden eingeschlafen. Er war nicht mehr wegzubewegen. Wir haben ihm ein Kissen hingelegt und eine Decke über ihn geworfen. Heute morgen dann einen Espresso und eine Zigarette und schnell, schnell, ab zum Flughafen. Ach, dem sein Leben möchte ich auch nicht führen.

Egal, die Liebste und ich haben heute morgen die Spuren der Nacht beseitigt. Damien hat vom Flughafen aus noch einmal angerufen und sich für den herrlichen Abend bedankt und ich habe im Internet nach weiteren Kunstschnäppchen gesucht, immerhin waren die 15 Mio. ja noch nicht ganz aufgebraucht.
Und, was soll ich sagen: ich wurde fündig. Für schlappe 345.000 Euro habe ich die erste von Jimi Hendrix angezündete Gitarre ersteigert. Ich freue mich riesig und werde gleich mal mit Damien telefonieren. Der soll einen meiner Goldbarren einschmelzen und die Gitarre vergolden. Sieht ja wirklich Scheiße aus, so verkokelt.