03.12.08

Katrin Wiegand

Vom Main an die Spree – Teil 3: Spree ade

Ich habe Schluss gemacht. Nach noch nicht mal zwei Jahren. Und das, wo ich doch eigentlich so ein treuer Mensch bin. Aber diesmal ist jemand anderes dazwischen gekommen.
Dabei hatte alles so gut angefangen mit uns beiden: ich hatte mich verliebt ... und war bald darauf mit Sack und Pack zu ihr gezogen. Heimweh hatte ich nie, dafür hat sie es mir zu leicht, zu angenehm gemacht. Gut, sie ist ... nun ja ... wie soll man es charmant ausdrücken, sie ist etwas ... groß. Aber genau das gefiel mir ja so. Und, man muss es offen sagen, sie ist nicht sehr sauber. Aber darüber kann man großzügig hinwegsehen, finde ich, wenn doch die inneren Qualitäten stimmen. Und ja, die stimmen. Jedenfalls für mich. Sicher gibt es auch viele, die sagen würden, »nee, also mit der ... das könnte ich nicht«. Aber für mich war es die große Liebe. Wirklich. Das habe ich auch jedem erzählt, der es wissen wollte, oder auch nicht. »Ich bleibe bei ihr!«, hab ich getönt. Es sollte eben eine Liebe für immer sein – aber wie so oft im Leben kam alles anders.

Ein Mann ist schuld. Sind nicht immer Männer irgendwie an allem schuld? In diesem Fall auf jeden Fall. Denn ohne diesen Mann, der sich so einfach, ohne zu fragen, in mein Herz geschlichen hat, hätte ich SIE nicht verlassen. Nö, ich doch nicht. Aber nun – mit Katze, Bett und allem Zipp und Zapp im Gepäck hab ich sie sitzengelassen: meine Stadt. Mein Berlin. Mein Charlottenburg.
Was das heißt, wird einem ja so nach und nach erst bewusst. Denn wie bei jeder beendeten Beziehung lässt man nicht nur die eine Liebe, sondern auch alles, was mit ihr zusammenhängt zurück. Also ade, Berlin, aber auch ade, gut ausgebaute Radwege, ade, Getränke für einen Euro in der Kneipe, ade all ihr Reiher, Enten, Schildkröten und Bisamratten im Charlottenburger Schlosspark, ade ihr zweifelhaften Gestalten am Kottbusser Tor, ade ihr obskuren Krempel-Läden in Prenzelberg, ade Kulturbrauerei, ade Kinofilme in Originalfassung am Potsdamer Platz, ade ihr Touristenscharen am Brandenburger Tor, ade ihr Polizisten ohne Mut zum Abschleppen, ade ihr Millionen Hunde samt eurer Haufen, ade lebensrettende Tierarztpraxis in Reinickendorf, ade Dicker Wirt, ade netter und leckerer Inder namens Chennai, ade BVG und ade private U-Bahn-Tickethändler an den Bahnsteigen, ade möbelrückender Nachbar und ade günstige Altbauwohnung, all das und vieles mehr: ade!

Nun wollen wir mal sehen, wie sich die neue Beziehung so anlässt – zwischen mir und Dortmund. Perle des Ruhrgebiets, Hauptstadt Westfalens. (Letzteres behaupten wohl mindestens drei weitere Städte auch von sich, aber die sollen sich mal hinten anstellen). Gut, das Wort »Kreppel« kennen sie hier auch nicht, aber immerhin trägt der ansässige Fußballverein nette Biene-Maja-Kostüme. Das ist doch sympathisch. Ich habe also Hoffnung, dass es was wird mit uns beiden.

Und Berlin und ich, wir haben uns ausgesprochen: wir wollen Freunde bleiben. Nein nein, das ist nicht nur so dahingesagt. Ich werde sie häufiger besuchen, das habe ich ihr hoch und heilig versprochen. Es sind schließlich nur drei Stunden Zugfahrt mit dem ICE (wenn er denn fährt). Wir werden uns also nicht aus den Augen verlieren.
Nur auf einen Gegenbesuch werde ich lange warten können. Sie ist arm, sexy, aber nicht so gut zu Fuß.