This column's translation: »Our Garden shall be beautified«

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»Unser Garten soll schöner werden« vorgetragen von Matthias Keller
(Bitte beachten Sie unseren Rechtevorbehalt).

04.09.05

Katrin Wiegand

Unser Garten soll schöner werden

Manchmal braucht es ja nicht viel, um einen zu erheitern. Im Einerlei des trüben, grauen Alltags finden sich immer wieder kleine Perlen des Frohsinns – man muss sie nur erkennen und würdigen.

Ich weiß nicht, wie gehäuft man das in Deutschland einig Gartenzwerg-Land vorfindet, aber vor den Toren meiner Stadt... sagen wir, an der Ortseinfahrt von meinem Kaff, liegt, solange ich denken kann, ein »Unser-Garten-soll-schöner-werden«. Dabei handelt es sich um ein umzäuntes Areal, das vollgestellt ist mit kleinen und großen Büsten und Statuen, in weiß oder terracotta, gefertigt von wahlweise Steinmetzen oder Bildhauern, und die kann und soll man käuflich erwerben und in seinen Garten als Zierde stellen. Also, die Statuen, nicht die Steinmetze. An der Umzäunung befinden sich Schilder, die auf »25%-igen Preisnachlass« hinweisen oder eben kundtun, wofür die Kunstwerke gedacht sind, wie eben jenes halbverblichene Schild, das schon seit mindestens 25 Jahren am selben Platz hängt und auf dem zu lesen ist: »Unser Garten soll schöner werden!«.

Inmitten dieses Geländes, zwischen Terracotta-Fröschen, Adonis-Statuetten und marmornen Vogeltränken, findet sich, etwas erhöht, auf einem dazugehörigen Sockel, ein übermannsgroßer Engel, der eine Posaune oder ein ähnliches Blasinstrument betätigt, da kenne ich mich nicht so aus. Ich nenne ihn der Einfachheit halber Trompetenengel. Dieser Trompetenengel ist, wie gesagt, ziemlich groß, ohne seinen Sockel sicher zwei Meter. Ganz in weiß, und seit auch sicher schon 20 Jahren gen Westen blasend steht er da. Nun stehe ich grundsätzlich solcherlei Schmuck skeptisch bis abweisend gegenüber, und selbst wenn ich einen Garten von den Ausmaßen eines großstädtischen Friedhofs mein eigen nennen würde, eine gemeißelte Venus oder ein Taufbecken für Vögel käme mir da nicht hinein. Erst recht kein trötender Himmelsbote.

Nun habe ich aber eine mir nahe Anverwandte, bei der sich, eventuell bedingt durch eine jahrelange Amerikanisierung, die Vorstellung eingeschlichen hat, dieses geflügelte Marmorwesen könnte man schön finden und sich in den Garten stellen wollen. Ja, tatsächlich, sie meint es ernst. So ernst, dass sie schließlich irgendwann anregte, doch mal das Gelände zu betreten und einen hoffentlich vorhandenen Fachverkäufer nach dem Preis für das Kunstwerk zu befragen. Ich tat, wie mir geheißen. Zum ersten Mal in meinem Leben setzte ich meinen Fuß auf »Unser-Garten-soll-schöner-werden«. Nachdem ich an Freiheitsstatuenachbildungen und sich umschlingenden gegipsten Jünglingen vorbeigekommen war, fand ich tatsächlich in der Mitte der Anlage einen Bretterverschlag nebst jungem Mann in Arbeitskleidung. Also fragte ich nach dem Preis für dieses... Kunstwerk. Der junge Mann entnahm dem Bretterverschlag eine vielseitige Preisliste, und nach einigem Blättern konnte er mir das Angebot unterbreiten – nein, um die Spannung zu erhöhen, zuvor noch Ihre geschätzte Meinung: Was kann so ein Trompetenengel wohl kosten? Eine nicht repräsentative Befragung im Bekanntenkreis hat eine geschätzte Wertspanne von 800 bis 4000 Euro hervorgebracht. Preise, für die eine alte Frau lange.... naja, egal was, es dauert jedenfalls. Sollte das Engelein tatsächlich 4000 Euro wert sein?

Aber nein, was verkündet mir der gute Mann? Der über zwei Meter hohe Trompetenengel kostet schlappe 28.000 Euro. In Worten: Achtundzwanzigtausend. Als mich der nette Herr über den zur Zeit bestehenden Preisnachlass von 25 Prozent für bestimmte Materialien informierte und mir dann (mit dem Taschenrechner!) ausrechnete, dass ich im Augenblick die günstige Gelegenheit nutzen und das Ding für läppische 21.000 Euro erwerben könne, hörte ich kaum noch hin. Die Vorstellung, dass irgendjemand auf der Welt dieses Kunstmarmorflügel-Posaunenungetüm lieber besitzen würde als 28.000 Euro, verschaffte mir einen kompletten Nachmittag reiner Freude und besinnlicher Heiterkeit.

Aus reiner Dankbarkeit denke ich gerade über die Anschaffung einer Terracottaschnecke nach.

Foto (Kunstmarmorflügel-Posaunenungetüm)

Achtundzwanzigtausend