22.05.13

Magdi Aboul-Kheir

Mit der Bleichsellerie-Diät gegen die Drüsen

»Da musst du dich nicht wundern«, sagt meine Frau, als sie mich in der nächtlichen Küche mit einem Stück Brot und vor allem einem Stück Salami erwischt. Sie meint das in Bezug auf meine Silhouette. Nun tu ich ja vieles, was meine Körperform betrifft, zum Beispiel mich ärgern, aber wundern gehört nicht dazu.

Denn ich habe schon früh gelernt: Mit dem Gewicht ist es ganz einfach - dünne Menschen essen wenig, dicke Menschen essen mehr. Es sei denn, sie haben es an den Drüsen.

Denn noch früher hatte ich anderes gelernt, und zwar von meinem Vater. So einfach sei das nicht mit fülligen Menschen, sagte er, die litten oft an Stoffwechselproblemen oder eben an den Drüsen. Mein Vater ist Arzt, und so sprach ich seiner Expertise in dieser Frage durchaus ein gewisses, nun ja, Gewicht zu - freilich war mir schnell klar, dass auch er glaubte, es an den Drüsen zu haben. Mit den Butterbroten, den vielen Tassen gezuckertem Tee, den Schnitzeln und Nudelbergen, dem Kuchen und den Pralinen hatte es hingegen offenbar nichts zu tun.

Ich weiß, dass ich es nicht an den Drüsen habe. Oder nicht nur. Ich weiß, dass etwaige Gewichtszunahmen mit genau zwei Dingen zu tun haben: mit Schokolade, Bier, Wurst und Käse. Okay, das sind vier Dinge - und da liegt wohl auch das Problem.

Ein Glück, dass es wirkungsvolle Diäten gibt. Die meisten schmecken mir allerdings nicht, vor allem weil Wurst und Käse nicht vorgesehen sind. Und von Konzepten, die Lichtnahrungs-Diät, Bandwurm-Diät oder Watte-Diät heißen, lasse ich lieber die Wurstfinger.

Der absolute Renner ist sowieso die Bleichsellerie-Diät. Die habe ich selbst erfunden. Denn ich habe mal gelesen, dass Bleichsellerie so wenige Kalorien hat, dass der Energieaufwand fürs Kauen und Verdauen höher ist als die Verbrennung - und daher 100 Gramm Bleichsellerie effektiv minus 8 Kilokalorien haben! Man isst also und nimmt dadurch noch ab. Je mehr Bleichsellerie man in sich reinschaufelt, umso dünner wird man.

So weit die Theorie. Praktisch finde ich diese Variante lebensnäher: Wenn man Lust auf Schokolade bekommt, isst man einfach eine Tafel und danach entsprechend Bleichsellerie. Geht man von 560 kcal bei einer Tafel aus, muss man danach also lediglich sieben Kilo Bleichsellerie essen, und schon ist die Bilanz wieder ausgeglichen und man nimmt nicht zu. Leider schafft man das nicht, auch weil der Bleichsellerie miserabel schmeckt und man spätestens nach viereinhalb Kilo schlapp macht. Beim zweiten Versuch schafft man dann gleich noch nur den Teil mit der Schokolade.

Ach, es ist doch ganz einfach, und jeder weiß das auch: Am besten man isst ausgeglichen, bewusst und macht viel Sport. Ich esse also ausgeglichen Wurst und Käse, bin mir dessen ganz bewusst und laufe dann zum Supermarkt.

»Ich wundere mich nicht«, sage ich in der nächtlichen Küche zu meiner Frau und säbele noch ein Stück Salami ab, »ich habe es an den Drüsen.«