21.08.06

Magdi Aboul-Kheir

Die Zukunft gehört Madig Kicher

Ich leide unheilbar an Finits. So lautet die Diagnose meines Lesers Wolfgang. Bevor ich meinen Hausarzt nerve oder die falschen Medikamente schlucke, schlage ich im medizinischen Wörterbuch nach. Finits müsste zwischen Filzlausbefall und Fissur zu finden sein, ist es aber nicht. Handelt es sich um eine schlimme Exklusivkrankheit?

Nein, tröstet mich Wolfgang, ich bin nicht allein. Finits teile ich mit den Ungarinnen namens Aniko und den auf Nicola oder Andrea getauften Italienern. Finits bedeute »First Name Induced Transsexuality Syndrome«, teilt mir Wolfgang mit, und erklärt offenbar, weshalb ich gern Post an die »liebe Magdi« bekomme. Man weiß nicht, ob ich Männlein, Weiblein oder Sächlein bin. Zunächst ist das also nicht heilbar.

Wolfgang, gar nicht faul, hat aber einen Vorschlag zur Güte. Er sieht Bedarf für ein international vereinbartes und verständliches Namenspräfix. »Die Zeichen + und - bieten sich an«, schreibt Wolfgang. Bekanntlich seien »von den komplementären Elementarteilchen ›Positron‹ und ›Elektron‹ und nur die letzteren als solche ernst zu nehmen, insbesondere als Stromtransporter; ein Positron ist nichts anderes als ein fehlendes Elektron und wird deshalb von den Physikern auch als ›Loch‹ bezeichnet (wo ein Elektron dringend hingehört).« Wohin das alles führt, weiß ich nicht, und das mit dem Loch irritiert mich, aber anscheinend sollte ich mich künftig »-Magdi« nennen. Oder doch »+Magdi«?

Was also die Frage aufwirft, welches Geschlecht die Positiv-Kennung und welches das Negativ-Symbol erhalten soll. Das wiederum erinnert mich an die von Jörg Kachelmann angeregte Gender-Wetter-Debatte: Warum müssen Tiefs ausschließlich weibliche Namen tragen? Das trage ich auch an Wolfgang heran. Doch der kontert: »Die seinerzeitigen Beschwerden wegen der weiblichen Tiefs waren vermutlich für Bauern (und Bäuerinnen!) total unverständlich.« Außerdem weigere er sich, das Wort »negativ« von Haus aus als abwertend zu werten. Wolfgang hat leicht reden, er leidet nicht unter Finits. Vielleicht sollte das nächste Tief mit Blitz, Donner und Hagelschaden Wolfgang heißen, mal sehen, was er dann sagt.

In meiner männlich-negativen Identität tiefgehend verwirrt, suche ich Zerstreuung in der Mail. Ich bekomme einen Newsletter von Tchibo: »Verführerische Wäsche für Sie.« Da ist die liebe Magdi aber doch erfreut. »Sinnlich streichelt diese Wäsche die weibliche Haut. Wird es nur ein Hauch bleiben oder ist es ein ganzer Sturm an Komplimenten?« Angepriesen werden mir Epilady, Hemdchen mit Aloe Vera und ein Magic-Push-up-BH. Hat auch John Wayne Post von Tchibo bekommen? Schließlich wurde er als Marion Michael Morrison geboren.

Während ich mir Cowboy Wayne im Aloe-Vera-Hemdchen vorstelle, läutet das Telefon. Meine Frau nimmt ab. Ein Marketingfritz möchte den Herrn Dr. Aboul-Kheir sprechen. »Den gibt's hier nicht«, sagt meine Holde. Promoviert ist nämlich nur sie. Dem Anrufer ist das zurecht hochnotpeinlich, und wir lernen: Doktor gilt offenbar als rein männlicher Vorname. Es sei denn, Doktor trägt einen Magic-Push-Up-BH. Ansonsten handelt es sich eindeutig um einen Fall von Finits.

Ich überlege mir, ob ich mit einer Homepage zur Geschlechterdebatte zwischen Elektrophysik, Meteorologie und dem Tchibo-Katalog online gehen soll, stelle aber fest, dass meine Wunschadresse www.magdi.de bereits besetzt ist. Auf der Seite mit meinem Namen geht es um »Frauenmusik der 70er und 80er Jahre«. Da war eine Namensvetterin schneller.

Da hilft nur eins: Ein neuer Name muss her. Ganz ohne Finits. Vielleicht sollte ich dem Vorschlag der Rechtschreibprüfung in unserem Redaktionssystem folgen. Das schlägt mir vor, »Magdi Aboul-Kheir« durch »Madig Kicher« zu ersetzen.

Doch halt! Ist Madig wirklich männlich?