Lutz Kinkel

Ekel-TV? Schweinegeil!

Hat es also Kakerlaken auf Daniel Küblböck geregnet. In rauen Massen. Man ist versucht zu sagen: Verdient haben sie es beide, denn singen können weder die Tiere noch der Küblböck. Costa Cordalis führte unterdessen sein Gesicht Gassi, das er kurz vor der Show mit Fett aus dem eigenen Popo hat ausbessern lassen. Caroline Beil, die an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik studiert hat, aber offenbar Millisekunden nach dem Examen einen Gedächtnisverlust erlitt, ließ sich von Straußen Löcher in den Oberarm beißen. Eine milde Strafe für fünf Jahre Seelenverkäuferei bei Sat.1-Blitz, das kann man nicht anders sagen.

War das eklig? Was das widerlich? Das ganze Gewürm, die Käfer, der Aalschleim und die Lisa Fitz? Wurde da die Menschenwürde mit Fernsehfüßen getreten?

Man müsste dazu mal die Jungs von "Jackass" befragen. In der Kinoversion der MTV-Serie stopften sie sich Silvesterraketen in den Anus und setzten die Zündschnur unter Feuer. In einer anderen Szene aß ein Teammitglied sämtliche Zutaten für ein Omelette – Eier, Butter, Schinken etc. – und kotzte das halbverdaute Zeug wieder in eine Pfanne. Nachdem er die amorphe Masse kurz aufgebraten hatte, aß er sie nochmal. Man sollt diese Form des Recyclings auf dem Oktoberfest einführen, das würde die unschuldigen Bäume und Wiesen schonen.

Doch was ist Jackass gegen die Shows, die im japanischen Fernsehen laufen. Da müssen sich die Kandidaten mit nacktem Hintern auf ein Ceranfeld setzen, das der Moderator dann grinsend in Betrieb nimmt. Wer als erster von der glühenden Platte springt, hat verloren. Interessant auch das Tauziehen, bei der die Zungen der Kontrahenten mit dem Seil verknotet werden. Und wer hätte nicht Lust, mal vor der Kamera auszuprobieren, wie lange er eine Portion Zitronensaft auf dem Augapfel aushält?

Ach ja. Die zivilisatorische Schale, die uns umgibt, ist dünn, wie jede Toilettenfrau nach ihrem ersten Arbeitstag weiß. In jedem von uns lebt ein Schwein, das sich gerne in den derbsten Küblböckereien wälzt und dabei wohlig grunzt. Her mit dem Schlamm, her mit den Käfern, den Tränen und dem geilen Gefummel! Und solange dies ein telegenes Spiel ist, an dem die Costas freiwillig teilnehmen und dem die Schweine freiwillig zuschauen – warum nicht? Am Ende der Fernsehtages dienen solche Shows doch nur dazu, sich der eigenen Zivilität zu vergewissern und zu fragen, wieviel man davon für welche Ziele opfern würde. Genau aus diesem philosophischen Grunde war auch ich gezwungen, mir die Dschungelshow anzuschauen. Sämtliche Folgen. Es war äußerst lehrreich. Und herrlich eklig.

Diese Kolumne ist Teil von "Ich glotz TV (Teil II)".