»Darf ich Dich etwas fragen?«, frage ich.
Kurt nickt.
»Was meintest Du mit ›Polly wants a cracker‹ genau?«
»Ganz einfach«, erwidert Kurt. »Es geht um ein Mädchen namens Polly. Und die hätte gerne einen Kräcker.«
»Aha ...«, sage ich. »Salz oder Sesam?«
Kurt möchte sich offensichtlich nicht mit derartigen Lappalien auseinandersetzen.
»Können wir nun endlich wieder auf das eigentliche Thema zurückkommen?«, quengelt er. »Ich habe schließlich nicht die ganze Nacht Zeit!«
Ich nicke, obgleich ich nicht den blassesten Schimmer habe, weshalb sich der ebenso große wie tote Kurt Cobain mit mir ausgerechnet über die Eurokrise unterhalten möchte. Den Rock'n'Roll-Himmel hatte ich mir anders vorgestellt. Irgendwie ... cooler.
»Habt ihr im Nirwana nichts Besseres zu tun?«, frage ich.
Kurt schüttelt den Kopf.
»Mir kommt das kalte Kotzen, wenn ich sehe, wie eure vermeintlichen ›Experten‹ das Thema in den Griff bekommen wollen«, erklärt er. »Dabei liegt die Lösung doch bereits seit über 20 Jahren auf der Hand!«
Er möchte wissen, wie ich die Sache sehe.
»Vielleicht sollte man die Fiskaldisziplin über unabhängigere Entscheidungsprozesse stärken«, mutmaße ich. »Oder über eine präventive Marktdisziplin.«
»Bullshit!«, brüllt er mit bebender Stimme. »So habt ihr mir damals also zugehört ...«
Ich blicke ihn fragend an.
«Lasst doch endlich mal dieses gottverdammte Licht aus«, seufzt Kurt. »Dann ist alles auch lange nicht mehr so gefährlich ...«
Ich nicke, während mein nächtlicher Gast zum Aufbruch bläst.
»Hey Wait!«, rufe ich Kurt hinterher und drücke ihm zum Abschied einen Sesamkräcker in die Hand.
»Für Polly.«
»Danke!«, erwidert er. »Aber hättest Du vielleicht auch einen mit Salz ...?«
Als mich wenige Sekunden später ein hektisches Gepiepe auf dem Schlaf reißt, weiß ich, was zu tun ist: Ich haue mit roher Gewalt auf die »Halt's Maul«-Taste meines Weckers, drehe mich um und genieße die Dunkelheit. Ein Hauch von Teen Spirit liegt in der Luft.
Kurt hatte Recht – der Euro geht mir plötzlich sowas von am Arsch vorbei ...