Diese Kolumne lässt sich auch hören!

»Spaß mit Katzenhaar« vorgetragen von Matthias Keller
(Bitte beachten Sie unseren Rechtevorbehalt).

22.10.05

Katrin Wiegand

Spaß mit Katzenhaar

Ich habe, wie der Titel ja bereits ganz dezent andeutet, eine Katze. Also, eigentlich ist es ein Kater, bzw. er war einer, bevor ich den Veterinärmediziner meines Vertrauens veranlasst habe, ihm etwas entscheidendes abzuschneiden. Rein biologisch gesehen ist er deshalb auch nicht mehr direkt ein Kater, aber solche Spitzfindigkeiten kümmern ihn sowieso nicht und mich überfordern sie, also sagen wir einfach, ich habe eine Katze, die ein Kater ist. Freunde der Anführungszeichen können ja gedanklich welche um das Wort Kater herumsetzen. Ich tu das nicht. Aber ich mache ja auch nicht diese lächerlichen Handbewegungen, mit denen Freunde der Anführungszeichen selbige beim Sprechen in der Luft andeuten. Freunde der Anführungszeichen (im weiteren FDAs genannt) sind mir suspekt. Und meinem Kater auch. Das stimmt zwar nicht, denn meinem Kater ist grundsätzlich niemand suspekt, der nicht gerade schwere Gegenstände nach ihm wirft, aber es ist eine tolle Überleitung bzw. Zurückleitung zum eigentlichen Thema.

Mein Kater ist kein gewöhnliches Tier, eigentlich ist er ein Wunder. Eine Sensation. Das lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen, rein äußerlich ist er zwar ein wirklich hübsches Tier (da spricht der Besitzerstolz), aber nicht außergewöhnlich, er ist relativ groß für ein Mitglied der felis domesticus, hat aber ein normales, rot-weißes Fell. Das Wunder ist, dass er überhaupt noch Fell hat. Wenn ich mal wirklich sammeln würde, was ich so regelmäßig in meiner bescheidenen Unterkunft an Katzenhaaren aufsauge, könnte ich damit locker zwei bis drei neue Katzen pro Monat basteln. Trotzdem hat mein Kater nicht im mindesten dünneres Haarkleid oder gar kahle Stellen. Die Natur überrascht uns doch immer wieder mit ihren Wundern.
Wenn ich die Haare sammeln würde, könnte ich mir vielleicht einen schönen Pullover daraus stricken lassen. Gut, die Farbe orange-rot steht mir nicht, aber ich könnte ihn ja verkaufen, an eine Frau, deren Typberaterin ihr zu einem solchen Farbton geraten hat, weil es ihren Teng (die FDAs machen fleißig Anführungszeichen) unterstreicht. Typberaterin ist ein toller Beruf. Man steht inmitten einer Gruppe mittvierziger Frauen, denen der Ehemann entweder bereits durchgebrannt ist, oder die zumindest den Verdacht haben, dass die Überstunden doch nicht nur rein geschäftlicher Natur sind, die sich also ein wenig auffrischen (FDAs hierentlang) wollen und auch endlich (Achtung, FDAs, nicht ausrasten jetzt:) »mal was für sich tun wollen«. Man steht also zwischen 10 bis 15 Wechseljahren und hat in der Hand ein paar Kärtchen mit verschiedenen Farben darauf, und dann muss man nur anderthalb Stunden Dinge wie »Wintertyp«, »frischer Teng« und »Hautbild« sagen und kassiert von den völlig verwirrten Damen anschließend einen ganzen Sack voll Geld. Und da die Damen ja jetzt so verwirrt sind von all den neuen Begriffen, die sie gelernt haben und von der Offenbarung, dass der jahrelang getragene Farbmix aus asphaltgrau-olivgrün und lehm-ocker sie 13 Jahre älter gemacht hat, kommt eine dieser Damen sicher auf die Idee, mir meinen orange-rot-weißen Katzenhaarpulli abzukaufen.

Aber wie soll ich die Haare denn vernünftig sammeln? Ich kann ja schlecht zu einer Spinnerei gehen und der Dame am Spinnrad (oder funktioniert das jetzt maschinell? Gab's darüber mal eine Sendung mit der Maus?), also der Dame oder wem auch immer in der Spinnerei kann ich ja schlecht fünf volle Staubsaugerbeutel in die Hand drücken und sagen: »Nu machen Sie mir daraus mal einen Pullover«. Denn in dem Staubsaugerbeutel wären ja nicht nur Katzenhaare, sondern auch noch jede Menge anderer Dreck.
Zum Beispiel Katzenstreu. Katzenstreu ist eine absolut sinnvolle Erfindung, denn es verhindert, dass die Katze ihr Geschäft überall in der Wohnung verteilt. Was es nicht verhindert, ist, dass die Katze nun das Katzenstreu überall in der Wohnung verteilt. Da kann man nichts machen, entweder man macht es sich zur Gewohnheit, im zwei-Stunden-Rhythmus die Wohnung zu saugen, oder man zieht die Socken aus und redet sich ein Urlaubsfeeling ein... Spaziergänge am Strand auf Sand.

Die Sache mit den Haaren und dem Streu ist, wie ich durch Gespräche herausgefunden habe, auch für andere Katzenhalter ein Problem. Hach ja, es sind ja sooo tolle Tiere, aber dieser Dreck... Das komische ist nur, wann auch immer ich zu solchen Leuten zu Besuch komme, sieht es aus, als hätte diese Wohnung nie auch nur eine Katze von weitem gesehen. Kein Krümel, kein Haar. Und ich rede davon, wenn ich unangemeldet zu Besuch komme. Angemeldet ist kein Problem, mit dem Vorlauf von mindestens fünf Stunden bekomme auch ich meine Wohnung so hin, dass man bei flüchtigem Durchsehen meinen könnte, hier wohne ein ordentlicher Mensch. Aber ohne Anmeldung? Einfach so? Wie machen diese Menschen das? Entweder verbringen sie ihre ganze Freizeit in der Gesellschaft von Scheuerlappen und Staubsauger, oder ich komme zufällig immer unangemeldet kurz nach irgendeinem angemeldeten Besuch. Ich meine, kommen Sie bei mir doch mal unangemeldet vorbei, Samstagmorgens oder so... (das Wort Überraschungsbesuch verbindet nicht annähernd so viele angenehme Assoziationen wie das Wort Überraschungsei). Kommen Sie vorbei und machen Sie sich einen Sport daraus, einen Fleck in der Wohnung zu finden, wo kein Katzenhaar oder Streukrümel liegt.

Wenn Ihnen das gelingt, schenke ich Ihnen einen vollen Staubsaugerbeutel.
Ihnen steht doch orange-rot?