05.02.07

Antoine Monot, Jr.

Selbstmord dank Deutscher Telekom

Stellen Sie sich vor, Sie wären Kunde der Deutschen Telekom. Ehrlich gesagt können Sie sich auf der Stelle umbringen. Ich selbst bin kein Kunde, saß aber in einem Hotel. Dort wollte ich weltmännisch per WLAN ins Netz der Netze gehen. Einfach so, wie es mir die Werbung suggeriert.

Also – los geht's. Browser gestartet und prompt wurde ich auf eine Seite der Deutschen Telekom gelenkt. Dort kann man sich, ganz weltmännisch, per Kreditkarte einen Zugang kaufen. Ich wähle also die Stundenanzahl aus, klicke auf »weiter« und siehe da, ich gelange auf eine Fehlerseite. Macht nichts. Immerhin sagen die ja auch, man solle es in ein paar Minuten noch mal probieren. Gewartet, probiert. Nichts. Also wieder gewartet, wieder probiert. Wieder nichts. Nach drei Tagen dachte ich mir, jetzt rufste mal an, bei der Deutschen Telekom. Gott sei Dank war keine Kontaktnummer auf der Homepage, also direkt den Kundendienst für private Anschlüsse. »Ja, Grüß Gott. Mein Name ist Monot und ich versuche gerade, einen Onlinezugang Ihres WLAN-Dienstes zu erwerben. Leider gibt es dort seit drei Tagen eine Störung. Können Sie mir weiterhelfen?«. »Um was geht es?«, war die Antwort. »Um einen WLAN-Zugang namens CLUB_5, den ich online per Kreditkarte kaufen möchte«. »Und Sie stehen jetzt im Geschäft?«. »Nein, ich sitze vor meinem Computer im Hotel«. Ein Seufzer der Erleichterung ging durch diese Dame. »Dann ist T-Online dafür zuständig«. Warum denn dann beim Aufruf des Browsers eine Seite der Deutschen Telekom käme, fragte ich schüchtern nach, das, so die Antwort, das kann gar nicht sein. Ach so, verstehe – schon klar.

Also. Auskunft angerufen und nach der Nummer von T-Com gefragt. Dort angerufen. Wirklich schöne Musik haben die da zum Warten. Wirklich. Anfangs funktioniert es auch und ich werde beruhigt durch diese wunderschönen sphärischen Klänge. Nach geschlagenen 15 Minuten und einer Musik, die alle 35 Sekunden neu im Loop zu hören ist, steigt mein Blutdruck allerdings merklich an. Auch das »Ihr Anruf ist uns wichtig, legen Sie daher bitte nicht auf«, beruhigt mich nach dem 672sten Mal nicht mehr wirklich und ich denke mir, wenn ich euch wirklich wichtig bin, dann stellt mehr Menschen ein. Bummsdi. Basta.

Dann endlich. Ein Mensch nimmt ab. Tief durchatmen (Blutdruck durch Selbstmeditation senken), freundlich meinen Namen nennen und von meinem Problem berichten:

»Hallo. Mein Name ist Monot. Ich sitze in einem Hotel und möchte gerne einen WLAN-Zugang käuflich erwerben. Leider werde ich nach Eingabe meiner Kreditkarten-Daten auf eine Fehlerseite weitergeleitet«.

Am anderen Ende Stille. Pause. Das schreckliche Nichts.

»Hallo?«
»Ja«, antwortet die Dame von T-Com.
»Ich sitze in einer Hotel-Lobby und versuche, Kunde von Ihnen zu werden. Der WLAN-Zugang namens CLUB_5 wird mir allerdings verwehrt.«
»Wo sind Sie?«, so die Dame.
»In einer Hotellobby, Sie wissen schon, diese Dinge, die Hotels bauen, nahe der Rezeption mit Sesseln und so.«
»Ich bin von T-Com, wir sind kein Hotel...«

Weiter kam sie nicht mehr.

»Nein. Das Hotel,«, flötete ich, »davon bin ich ausgegangen. Ich versuche nur via T-Com einen WLAN-Access herzustellen und werde dann auf eine Fehlerseite der Deutschen Telekom weitergeleitet.«

»Ach«, ein aufseufzender Luftaustoß war zu hören, »dann ist die Deutsche Telekom auch dafür zuständig.«
»Nein – die bestreiten jegliche Zuständigkeit«, so ich.
»Das ist normal bei denen.«
»Wie bitte?«, ich traute meinen Ohren nicht. Das Tochterunternehmen beschuldigt die Mutter. Verrat in der Familie? Wirtschaftlicher Inzest?

Egal.
»Und was soll ich jetzt machen?«
»Was wollten Sie denn ursprünglich tun?«
»Per WLAN ins Internet gehen.«

Ich musste ihr erstmal erklären, was WLAN ist. Sie arbeite zwar bei der T-Com, aber man könne ja nicht alles wissen, meinte sie entschuldigend. Ich war wie paralysiert ob der Tatsache, dass bei dem Staatsmoloch Menschen arbeiten, die sich entschuldigen können. Sie bedankte sich sehr bei mir für meine kurze Ausführung in die Welt der drahtlosen Internet-Zugänge und sagte mir – resolut und bestimmt – sie würde sich meines Problems annehmen. Ob ich denn kurz warten könne, sie würde mich verbinden und der zuständigen Person mein Problem schildern. Dann käme alles gut, wie sie sagte, da sie mich ins Backoffice verbinden würden. »Die kennen sich wirklich richtig aus«, so meine nette Beraterin. Ich stimmte freudig zu. Froh, endlich verstanden zu werden.

Es kam wieder das Band mit der Musik. Nach rund 30 Sekunden wurde die Leitung unterbrochen und ich hörte das eintönige Tuten eines Besetztrufs. Tausend Gedanken schossen mir durch meinen Kopf. Schossen? Sie tobten geradezu. Karneval in Venedig ist dagegen was für Anfänger.

Äußerlich war ich aber ganz ruhig. Habe meinen Laptop zugeklappt, bin auf mein Zimmer gegangen und habe in mein Kopfkissen geweint. Nicht zitternd und schreiend. Einfach nur leise geweint, während ich meinen Mund auf das ach so flauschige Kissen gedrückt habe. Kurz war ich versucht es komplett gegen Mund und Nase zu drücken. Nur so lange, bis ich nicht mehr weine, nicht mehr atmen muss.

Danach habe ich auf der Toilette kurz mein Gesicht gespült, mich auf mein Bett gesetzt und den Fernseher angemacht. Das erste, was mir ins Auge sprang, war ein WLAN-Sonderangebot der T-Com. Ich habe den Fernseher ausgemacht und mich mit geschlossen Augen in mein Bett gelegt. Ich habe die ganze Nacht weder geweint noch geschlafen. Ich lag einfach so da und habe mir die Zeiten herbei zu wünschen versucht, als es das alles noch gar nicht gab.